Rz. 113
Der Steuerberater hat keine generelle Pflicht, die ihm vom Mandanten übergebenen Unterlagen auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit hin zu überprüfen und ggf. eigene weitere Nachforschungen anzustellen. Er braucht seinem Mandanten nicht von vornherein mit Misstrauen zu begegnen und kann sich grds. auf die Ordnungsgemäßheit der erteilten Informationen verlassen. Dabei ist zu beachten, dass der Steuerberater Helfer des Stpfl. und nicht Sachwalter der FinB ist. Auch gibt es keine steuerrechtliche Vorschrift, die den steuerlichen Berater verpflichtet, die von ihm eingereichten Unterlagen auf ihre Ordnungsmäßigkeit hin zu überprüfen. Nach § 378 AO können ihm, da er nicht selbst Stpfl. ist, nur eigene Pflichtwidrigkeiten vorgeworfen werden, die er in Wahrnehmung der Angelegenheiten des Stpfl. begangen hat. Das ist z.B. der Fall, wenn dem Berater leichtfertig eigene Buchführungs- oder Bilanzierungsfehler unterlaufen oder er auf Nachfrage des FA auf Verdacht hin einen seinem Mandanten günstigen Sachverhalt schildert.
Beispiel 59
Ein Steuerberater hatte in den von ihm gefertigten Steuererklärungen den ermäßigten Steuersatz für Großhandelsumsätze aufgeführt, ohne zu überprüfen, ob der erforderliche Buchnachweis geführt war. Auf eine entsprechende Rückfrage behauptete er von sich aus, ohne den Auftraggeber noch einmal einzuschalten, der Buchnachweis sei erbracht.
Das BayObLG nahm an, der Steuerberater habe durch das selbständige Beantworten der Frage die dem Auftraggeber obliegende Pflicht zur wahrheitsgemäßen Auskunft (§ 90 AO) tatsächlich übernommen:
"Bei einer solchen Sachlage traf den Angeklagten aber auch gegenüber der Steuerbehörde die Verantwortung für den Inhalt des Antwortschreibens, ohne daß es insoweit noch darauf ankäme, welchen Inhalt der Auftrag zur Fertigung der Steuererklärung ursprünglich hatte."
Mit der Begründung, dass je weitgehender der Stpfl. Pflichten auf den Berater überträgt und sich dadurch auch strafrechtlich bzw. ordnungswidrigkeitenrechtlich entlastet, desto stärker die strafrechtliche oder ordnungswidrigkeitenrechtliche Verantwortlichkeit des Beraters wächst, hielt der BFH eine Entscheidung des FG Düsseldorf aufrecht, in der dieses wie folgt entschieden hatte: Bereitet eine Steuerberatungsgesellschaft die Einkommensteuer-Erklärung eines Stpfl. vor und wird hierbei der Gewinn aus selbständiger Tätigkeit durch einen zu hohen Ansatz von Betriebsausgaben, beruhend auf einem groben Buchungsfehler, zu niedrig angegeben, kann eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegen. Eine wie vorstehend begangene Steuerverkürzung durch Angestellte der Beratungsgesellschaft scheidet nicht dadurch aus, dass die vorbereitete Steuererklärung eigenverantwortlich vom Stpfl. unterzeichnet und dem FA eingereicht wird.
Der Berater handelt dagegen nicht leichtfertig, wenn er unerkannt materiell unrichtige Belege oder sonstige Vorarbeiten übernimmt. Leichtfertigkeit i.S.d. § 378 AO kann dem Berater nur dann vorgeworfen werden, wenn sich die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Mandantenunterlagen ihm ohne weiteres hätte aufdrängen müssen (s. Rz. 61).
Sofern sich Zweifel hinsichtlich der Vollständigkeit oder des Wahrheitsgehalts ergeben, ist er zu Nachfragen verpflichtet.
Welche offenkundigen Fehler sich einem gewissenhaften und umsichtigen Berater hätten aufdrängen müssen, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. Zudem liegt es auf der Hand, dass sich mit zunehmendem Umfang des Beratungsauftrags auch die tatsächlichen Prüfungspflichten für den Berater erhöhen.