Rz. 151
Verkürzt der Täter leichtfertig mehrere Steuerarten, so können diese Steuerverkürzungen in Tateinheit oder Tatmehrheit stehen. Welches Konkurrenzverhältnis im Einzelfall anzunehmen ist, hängt davon ab, ob die Steuern durch ein und dieselbe oder durch mehrere selbständige Handlungen verkürzt wurden. Eine einheitliche Handlung liegt bei einer einzigen Willensbetätigung vor oder wenn mehrere Willensbetätigungen zu einer natürlichen oder rechtlichen Handlungseinheit zusammenzufassen sind (s. § 377 Rz. 145 ff.).
Rz. 152
Steuern werden grds. durch die Verletzung von Anzeige-, Offenbarungs- oder sonstigen Erklärungspflichten verkürzt. Die hinsichtlich jeder Steuerart bestehenden Erklärungspflichten werden regelmäßig durch verschiedene zeitlich aufeinanderfolgende selbständige Willensbetätigungen erfüllt. Daher besteht grds. zwischen der leichtfertigen Hinterziehung mehrerer Steuerarten Tatmehrheit. Das gilt auch dann, wenn die Verkürzungshandlungen in einem Unterlassen bestehen.
Rz. 153
Nur ausnahmsweise kann eine tateinheitliche Verkürzung verschiedener Steuerarten angenommen werden.
Beispiel 3
Steuerberater A übernahm für B die Buchführung. Er ließ diese durch seine Angestellten ausführen. Obwohl ihm bekannt war, dass diese steuerlich unerfahren waren, überwachte er sie überhaupt nicht. Die Angeklagten führten die Bücher unrichtig und verwandten die Ergebnisse der Buchführung für Steuererklärungen zur Umsatz- und Einkommensteuer. Dadurch wurden beide Steuerarten verkürzt.
Das RG machte den A für die Steuerverkürzungen verantwortlich, weil er die Buchführung seiner Angestellten nicht überwacht hatte:
"Der Angeklagte hat die Verkürzung zweier verschiedenartiger Steuern – der Umsatzsteuer und der Einkommensteuer – bewirkt. Gleichwohl ist mit Recht nur eine einzige strafbare Handlung für vorliegend erachtet worden, da ein und dasselbe fahrlässige Verhalten des Angeklagten – die unrichtige Buchführung – zugleich die Verkürzung der Umsatz- und der Einkommensteuereinnahmen herbeigeführt hat."
Vgl. auch OLG Schleswig.
Tateinheitliche mehrfache leichtfertige Steuerverkürzung liegt ebenfalls vor, wenn die Steuererklärungen für mehrere Steuerarten auf demselben Vordruck abgegeben werden oder mehrere Steuererklärungen gleichzeitig abgegeben werden, die jeweils mindestens eine übereinstimmende unrichtige Angabe enthalten. In seinem Urteil vom 27.10.2015 geht der BGH davon aus, dass die Hinterziehungen von Gewerbesteuer und Umsatzsteuer für verschiedene Jahre jeweils zueinander in Tateinheit gem. § 52 StGB standen, obwohl unterschiedliche Steuerarten betroffen waren. Ausnahmsweise liegt danach Tateinheit gem. § 52 StGB statt Tatmehrheit gem. § 53 StGB vor, wenn die Hinterziehungen durch dieselbe Erklärung bewirkt werden oder wenn mehrere Erklärungen durch eine körperliche Handlung gleichzeitig abgegeben werden. Entscheidend ist, dass die Abgabe der Steuererklärungen im äußeren Vorgang zusammenfällt und überdies in den Erklärungen übereinstimmende unrichtige Angaben über die Besteuerungsgrundlagen enthalten sind. Dies ist häufig im Verhältnis von Körperschaftsteuer-/Einkommensteuer-, Gewerbesteuer und Umsatzsteuerhinterziehung der Fall: So liegt Tateinheit gem. § 52 StGB vor, wenn ein Stpfl. mehrere Erklärungen zur Einkommensteuer/Körperschaftsteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer gleichzeitig in den Briefkasten einwirft. Dies gilt auch dann, wenn diese Erklärungen in einem äußeren und zeitlichen Zusammenhang elektronisch an das FA übermittelt werden. Eine natürliche Handlung oder jedenfalls Tateinheit gem. § 52 StGB liegt auch vor, wenn ein Steuerberater als mittelbarer Täter im Rahmen einer einheitlichen Beratung die Hinterziehung hinsichtlich verschiedener Steuerarten und Zeiträume durch den Mandanten verursacht.
Zu näheren Einzelheiten s. § 370 Rz. 871 ff. Die dort aufgeführten Beispiele können entsprechend angewandt werden.