Rz. 51

[Autor/Stand] Der Taterfolg der leichtfertigen Steuerverkürzung ist identisch mit dem der Steuerhinterziehung und kann im Verkürzen von Steuern (§ 378 Abs. 1 Satz 1 AO i.V.m. § 370 Abs. 1 Alt. 1, Abs. 4 Satz 1 AO) oder im Erlangen eines nicht gerechtfertigten Steuervorteils (§ 378 Abs. 1 Satz 1 AO i.V.m. § 370 Abs. 1 Alt. 2 AO) liegen. Es kann daher auf die Erl. zur Steuerverkürzung (s. § 370 Rz. 376 ff.) und zur Vorteilserlangung (s. § 370 Rz. 425 ff.) verwiesen werden.

Aufgrund der Auslegung des § 370 AO durch den BGH als Vermögensgefährdungsdelikt dürften sich auch Auswirkungen auf die Bedeutung des Taterfolgs i.S.d. § 378 AO ergeben[2]. Ausgehend vom Standpunkt der BGH-Rspr. müsste auch die Erlangung eines Grundlagenbescheids ein hinreichender Taterfolg in Form eines ungerechtfertigten Steuervorteils i.S.d. §§ 378, 370 Abs. 1 AO sein, da diese Norm auf alle Alternativen des objektiven Tatbestands des § 370 Abs. 1 AO und damit auch z.B. auf die Erlangung von nicht gerechtfertigten Steuervorteilen verweist[3].

Die Urteilsgründe müssen dabei für jede Steuerart und jeden Steuerabschnitt gesondert die Berechnung der jeweils verkürzten Steuer im Einzelnen angeben; Schätzungen der FinB dürfen nicht ungeprüft übernommen werden (s. § 370 Rz. 486 ff.)[4].

Problematisch erscheint allein, dass bei der Tatalternative der Steuervorteilserlangung über die Verweisung auch das Tatbestandsmerkmal "für sich oder einen anderen" in § 370 Abs. 1 AO in den Tatbestand des § 378 Abs. 1 Satz 1 AO aufgenommen wird. Wenn ein Handeln "für sich oder einen anderen" auch keine Absicht voraussetzt[5], so doch das Bewusstsein, derartig tätig zu werden. Der Täter muss eine Selbst- oder Fremdbegünstigung mindestens billigend in Kauf nehmen (s. § 370 Rz. 610 ff.). Die Erlangung des Vorteils "für sich oder einen anderen" setzt daher begrifflich Vorsatz voraus. Bei einem fahrlässig/leichtfertig handelnden Täter kann er nicht vorliegen. Es ist daher anzunehmen, dass die entsprechende Verweisung nur sinngemäß insoweit Geltung haben soll, falls dies mit dem Charakter des § 378 AO als Fahrlässigkeitstat vereinbar ist. Die Erlangung des Steuervorteils muss daher für den Täter des § 378 AO voraussehbar gewesen sein[6].

 

Rz. 52

[Autor/Stand] Wie bei § 370 AO können auch bei § 378 AO Gegenstand der Verkürzung bzw. Vorteilserlangung Eingangsabgaben, Umsatzsteuern und harmonisierte Verbrauchsteuern auf Mineralöle, Alkohol, alkoholische Getränke und Tabakwaren bestimmter ausländischer Staaten sein (§ 378 Abs. 1 Satz 2 AO i.V.m. § 370 Abs. 6 AO; s. § 370 Rz. 542 ff.).

[Autor/Stand] Autor: Heuel, Stand: 01.09.2022
[2] Vgl. zur Auslegung des Tatbestands des § 370 AO BGH v. 27.10.2015 – 1 StR 373/15, wistra 2016, 157 = ZWH 2016, 81; Besprechung durch Heuel/Beyer, NWB 2016, 616.
[3] Vgl. zum Grundlagenbescheid als Taterfolg i.S.d. § 370 Abs. 1 AO: BGH v. 10.12.2008 – 1 StR 322/08, BGHSt 53, 99 = wistra 2009, 114.
[4] BayObLG v. 11.5.1993 – 3 ObOWi 16/93, wistra 1993, 236; zu den Anforderungen an die Begründung eines Freispruchs s. BGH v. 17.3.2005 – 5 StR 461/04, NStZ-RR 2005, 209 = wistra 2005, 311.
[5] Vgl. BT-Drucks. VII/4292, S. 43.
[6] Vgl. Bülte in HHSp., § 378 AO Rz. 45 f.
[Autor/Stand] Autor: Heuel, Stand: 01.09.2022

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