Rz. 275
Der Täter muss die Bußgeldtatbestände nach § 379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1–8 AO vorsätzlich oder leichtfertig begehen. Der Vorsatz muss sich auf den gesamten objektiven Tatbestand des Abs. 1 beziehen, d.h. auch darauf, dass
- der Beleg in tatsächlicher Hinsicht unrichtig ist (Nr. 1),
- die Weitergabe der Belege gegen Entgelt gezielt geschieht (Nr. 2),
- die Nicht- oder Falschbuchung bzw. -aufzeichnung gegen eine gesetzliche Buchführungs- bzw. Aufzeichnungspflicht verstößt (Nr. 3),
- es sich um ein Aufzeichnungssystem i.S.d. § 146a Abs. 1 Satz 1 AO handelt, das nicht oder unrichtig verwendet wird (Nr. 4),
- es sich um ein Aufzeichnungssystem i.S.d. § 146a Abs. 1 Satz 1 AO handelt, das nicht oder unrichtig geschützt wird (Nr. 5),
- die Bewerbung bzw. das Inverkehrbringen des genannten Systems bzw. der Software gewerbsmäßig erfolgt (Nr. 6),
- hinsichtlich der aufzubewahrenden Aufzeichnungen und Unterlagen eine Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht besteht (Nr. 7),
- der Schwellenwert des § 147a Abs. 1 AO existiert bzw. ein beherrschender Einfluss auf eine Drittstaat-Gesellschaft besteht (Nr. 8)
- und dadurch die Möglichkeit eröffnet wird, Steuern zu verkürzen oder unberechtigt Steuervorteile zu erlangen bzw. in den Fällen des Abs. 1 Satz 2 und 3 durch diese Verhaltensweisen ausländische Einfuhr- und Ausfuhrabgaben bzw. Umsatzsteuern gefährdet werden.
Rz. 276
Hierbei genügt jeweils bedingter Vorsatz.
Rz. 277
Darüber hinaus muss sich das vorsätzliche Handeln auch auf die objektive Möglichkeit der Steuerverkürzung bzw. auf die Erlangung nicht gerechtfertigter Steuervorteile erstrecken. Eine "Absicht", d.h. ein dolus directus ersten Grades ist – entgegen der früheren Rechtslage (vgl. § 406 AO 1956) – insofern nicht mehr erforderlich. Auch insoweit reicht dolus eventualis.
Rz. 278
Der Täter handelt nicht vorsätzlich, wenn er einem Tatumstandsirrtum (s. § 370 Rz. 656 ff.) unterliegt (z.B. fehlende Kenntnis von der gesetzlichen Buchführungspflicht); die Möglichkeit einer Ahndung wegen leichtfertiger Steuerverkürzung bleibt davon unberührt (§ 11 Abs. 1 Satz 1, 2 OWiG i.V.m. § 377 Abs. 2 AO).
Rz. 279
Leichtfertigkeit stellt einen gegenüber der Fahrlässigkeit gesteigerten Grad der Schuld dar. Sie liegt vor, wenn der Täter die oben genannten Tatumstände aufgrund eines besonders vorwerfbaren Verhaltens nicht kennt, weil er die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den besonderen Umständen des Falles und seinen persönlichen Fähigkeiten und Kenntnissen verpflichtet und imstande ist. Leichtfertig handelt auch, wer die Umstände zwar kennt, aber sich leichtfertig darüber hinwegsetzt, obwohl sich ihm hätte aufdrängen müssen, dass durch sein Verhalten eine Steuerverkürzung eintreten wird. Ausführlich zum Begriff der Leichtfertigkeit s. § 378 Rz. 55 ff.
Rz. 280
Beim Beleghandel nach § 379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dürfte praktisch nur die vorsätzliche Weitergabe möglich sein, da infolge der Entgeltlichkeit ein gezieltes Vorgehen erforderlich ist. In Bezug auf die Möglichkeit des Verkürzungserfolges dürfte aber auch bei dieser Tatbestandsalternative regelmäßig (nur) Leichtfertigkeit vorliegen; ansonsten stünde sogar eine strafbare Beihilfe zur Steuerverkürzungshandlung des Belegerwerbers im Raum (s. dazu Rz. 89).
Rz. 281– 289
Einstweilen frei.