a) Allgemeines
Rz. 105
Nach § 379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO ist ordnungswidrig das Nicht- oder Falschaufzeichnen(lassen) bzw. Nicht- oder Falschverbuchen(lassen) von Geschäftsvorfällen oder Betriebsvorgängen, die nach Gesetz buchungs- oder aufzeichnungspflichtig sind. § 379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO wurde durch das Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen vom 22.12.2016 um die Wörter "aufzeichnet oder aufzeichnen lässt" ergänzt, so dass seit dem 1.1.2020 auch die nachträgliche Manipulation von Grundaufzeichnungen (z.B. durch den Einsatz von Manipulationssoftware) unter den Tatbestand fällt.
Rz. 106
Die Vorschrift will generell den im Geschäftsleben weit verbreiteten, verkürzungsanfälligen und allenfalls lückenhaft erfassten Ohne-Rechnung-(OR)-Geschäften sowie Bilanzmanipulationen durch unzulässige Abschreibungen oder Bewertungen, Verbuchung aktivierungspflichtiger Herstellungskosten über Unkosten, Angabe falscher Bezugsdaten von Wirtschaftsgütern, Unterfakturierung von Rechnungen bei Wareneinfuhr im gegenseitigen Einvernehmen mit ausländischen Geschäftspartnern sowie das nachträgliche Verfälschen von Grundaufzeichnungen z.B. von elektronischen Kassensystemen, Abrechnungssystemen, Taxameter, Wegstreckenzähler, Waagen mit Kassenfunktion, App-Systemen, Warenwirtschaftssystemen etc., entgegenwirken.
Beispiel
Der Lieferant zeichnet seinen Warenausgang entgegen der Pflicht aus § 144 AO nicht auf. Sein Abnehmer erfasst sodann den Erhalt der Ware buchmäßig nicht und veräußert den Liefergegenstand weiter, ohne den Verkauf in der Buchhaltung zu berücksichtigen und letztlich zu versteuern.
Rz. 107
Um "Schwarzverkäufen" Einhalt zu gebieten und deren Entdeckungsrisiko zu erhöhen, sollen tatgeneigte Unternehmer bereits durch die Bußgeldandrohung im Gefährdungstatbestand nach § 379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO dazu angehalten werden, den Dokumentations- bzw. Buchungspflichten nachzukommen. Dabei erfasste § 379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO vor der Gesetzesänderung 2016 nur den Gefährdungstatbestand des Nicht- oder Falschverbuchens, während komplementär dazu § 379 Abs. 2 Nr. 1a AO an die Verletzung bereits der (bloßen) Aufzeichnungspflicht anknüpft (s. Rz. 150, 330 ff.). Letzterer galt allerdings nur für sog. Großhändler. Durch die Ergänzung des Tatbestands um die Tathandlung des Nicht- oder Falschaufzeichnen(lassens) wurde diese tatbestandliche Einschränkung rund um das Aufzeichnen von Geschäftsvorfällen aufgehoben.
b) Täterkreis
Rz. 108
Früher wurde zum Teil die Auffassung vertreten, § 379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO stelle ein Sonderdelikt dar. Täter könnten nur der Stpfl. selbst und die Personen sein, die von ihm mit der Aufzeichnung bzw. Buchführung beauftragt sind. Nach h.M. liegt ein Sonderdelikt nur vor, wenn der Tatbestand der Norm einen Täter mit besonderen Merkmalen voraussetzt. § 379 Abs. 1 AO bestimmt ganz allgemein, "wer [...] unrichtig aufzeichnet oder aufzeichnen lässt, verbucht oder verbuchen lässt", handelt ordnungswidrig. Zwar werden i.d.R. nur der Stpfl. selbst oder der mit der Buchführung Beauftragte Falschaufzeichnungen oder Falschbuchungen tatsächlich vornehmen können. Insoweit handelt es sich aber nicht um täter-, sondern um tatbezogene Voraussetzungen.
Rz. 109
Täter einer Falschaufzeichnung oder Falschbuchung kann daher jeder sein, der rein tatsächlich die Möglichkeit hat, eine Aufzeichnung oder Buchung vorzunehmen. Allerdings wird der Tatbestand nicht verwirklicht, wenn jemand unrichtige Aufzeichnungen oder Buchungen vornimmt, ohne jedoch buchführungs- oder aufzeichnungspflichtig zu sein.
Rz. 110
Dasselbe gilt für die Tatbestandsalternative des Nichtaufzeichnens oder Nichtverbuchens. Bei diesem Unterlassungstatbestand wird sich die Rechtspflicht zum Handeln zwar häufig aus der gesetzlichen Buch- bzw. Aufzeichnungspflicht (z.B. für die in § 9 Abs. 1 OWiG i.V.m. §§ 34, 35 AO genannten Personen) oder aus einer Beauftragung durch den Stpfl. (vgl. insoweit den in § 9 Abs. 2 OWiG bezeichneten Normadressatenkreis) ergeben.
Rz. 111
Nach einer in der Rspr. vertretenen Ansicht begeht ein lediglich intern für einen Mandanten tätig gewordener Steuerberater mangels eigener Angaben keine leichtfertige Steuerverkürzung (s. ausf. § 378 Rz. 19 ff., 23). In diesen Fällen dürfte aber eine Steuergefährdung nach § 379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO in der Alternative der leichtfertigen Nichtverbuchung aufzeichnungspflichtiger Geschäftsvorfä...