Rz. 575
Das Verbot des § 154 Abs. 1 AO richtet sich, wie schon der Wortlaut (s. Rz. 537) zeigt ("niemand ..."), an jedermann. Nicht notwendig ist, dass der Inhaber des Kontos Stpfl. ist. Eine derartige Beschränkung des Verbots wäre praktisch auch nicht durchzuführen, da die kontoführende Stelle insoweit nicht ohne weiteres Feststellungen treffen kann.
Beispiel
Die Ehefrau nimmt Einzahlungen auf ein Schwarzgeldkonto für den steuerpflichtigen Ehemann vor. Sie handelt tatbestandsmäßig i.S.d. § 379 Abs. 2 Nr. 2 AO in der Tatalternative "Buchungen vornehmen lassen".
Rz. 576
Nach dem Wortlaut des § 154 Abs. 1 AO könnte angezweifelt werden, ob die Norm sowohl für den Bankkunden als auch für den Bankangestellten gilt. Zwar lässt die grammatikalische Auslegung des § 154 Abs. 1 AO zu, die Wendung "ein Konto errichten" als eigenständige Umschreibung der Tathandlung zu verstehen. Nimmt man aber die übrigen Tathandlungen hinzu ("... Buchungen vornehmen lassen, Wertsachen ... in Verwahrung geben oder verpfänden oder sich ein Schließfach geben lassen"), spricht dies dafür, dass als Täter der Vorschrift nur der (passive) Kontoerrichter u.a., nicht aber der (aktive tätige) Kontoführer, Verwahrer u.a. in Betracht kommen. Zu diesem Ergebnis führt auch die systematische Auslegung des § 154 AO: Abs. 1 der Vorschrift zielt auf den Kontoinhaber ab, während Abs. 2 besondere Legitimationsprüfungspflichten der kontoführenden Person statuiert.
Rz. 577
§ 154 Abs. 2 AO richtet sich an die "Verpflichteten", also diejenigen, die ein Konto führen, Wertsachen verwahren oder ein Schließfach überlassen. § 379 Abs. 2 Nr. 2 AO ist im Hinblick auf Verstöße gegen § 154 Abs. 2 AO somit ein Sonderdelikt. Eine Ahndung des Verhaltens des Kontoführers u.a. wegen Beteiligung (§ 14 OWiG) an § 379 Abs. 2 Nr. 2 AO ist nur bei einem vorsätzlichen Tatbeitrag möglich, nicht aber bei leichtfertiger Tatbeteiligung (s. § 377 Rz. 65 ff.).
Rz. 578
Die Pflichten in § 154 Abs. 2a–2c AO treffen ausschließlich Kreditinstitute. Auch insoweit stellt § 379 Abs. 2 Nr. 2 AO ein Sonderdelikt dar. Im Regierungsentwurf war ursprünglich vorgesehen, die neuen Pflichten des § 154 Abs. 2a AO nicht nur Kreditinstituten, sondern den Verpflichteten i.S.d. § 154 Abs. 2 Satz 1 AO aufzuerlegen. Wegen des Zusammenhangs mit der Kontenabrufmöglichkeit nach § 93b AO wurde die Vorschrift auf Kreditinstitute beschränkt. Wer Kreditinstitut in diesem Sinne ist, wird durch § 1 Abs. 1 KWG bestimmt. Hiernach sind Kreditinstitute Unternehmen, die Bankgeschäfte gewerbsmäßig oder in einem Umfang betreiben, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Zum Begriff "Bankgeschäfte" s. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1–16 KWG.