Rz. 586
Die Pflicht zur Kontenwahrheit nach § 154 Abs. 1 AO wird verletzt, wenn durch die unrichtige Namensbezeichnung der wahre Verfügungsberechtigte des Kontos oder des Schließfachs nicht ermittelt werden kann.
Rz. 587
Erdichtet ist ein Name, der dem Träger nicht zusteht und mit dem auch nicht an eine bestimmte Personenidentität angeknüpft wird.
Rz. 588
Ein Name ist falsch, wenn er demjenigen, der ihn führt, rechtlich nicht zusteht. Der Name, auf den das Konto einzurichten ist, braucht nicht notwendig derjenige zu sein, der in der zur Legitimationsprüfung vorgelegten Geburtsurkunde vermerkt ist. Es genügt, dass die Identität der Person zweifelsfrei festzustellen ist.
Beispiele
- In ländlichen Gegenden, in denen es Sitte ist, den Namen des Hofes zu führen, genügt es für die Wahrung der Kontenwahrheit, wenn das Konto auf den Namen des Hofes eingerichtet wird.
- Die Verwendung eines Künstlernamens reicht ebenso aus wie
- die Errichtung eines Kontos auf den einen Firmennamen oder den Namen einer Personen- oder Kapitalgesellschaft, auch wenn der bürgerliche Name des Berechtigten nicht mit dem Firmennamen übereinstimmt. Der Verfügungsberechtigte kann ohne weiteres anhand des Handels- bzw. Genossenschaftsregisters festgestellt werden.
Rz. 589
Sog. Nummernkonten sind zwar nicht nach § 154 Abs. 1 AO untersagt, jedoch nach § 154 Abs. 2 Satz 1 AO unzulässig. Die Gegenansicht verkennt die Zweckbestimmung des § 154 Abs. 2 AO. Angaben über den Verfügungsberechtigten sind auf dem Kontostammblatt oder – wie in der Praxis üblich – durch Vermerk auf den Kontoeröffnungsunterlagen zu machen. Das Führen einer vertraulichen Liste mit Name und Anschrift und die Kennzeichnung des eigentlichen Kontos lediglich mit einer Nummer ist untersagt.
Rz. 590
Gleichfalls unzulässig ist die Abwicklung von Geschäftsvorfällen über sog. CpD-Konten (Conto pro Diverse), wenn der Name des Beteiligten bekannt ist oder unschwer ermittelt werden kann und wenn für ihn bereits ein entsprechendes Konto geführt wird. Unter einem CpD-Konto ist ein bankeigenes Sammelkonto zu verstehen, das nicht im Auftrag eines Kunden angelegt und nicht für einen Dritten geführt wird (vgl. § 154 Abs. 1 AO), sondern insbesondere der bankinternen Verrechnung einer Vielzahl von Geschäftsvorfällen, die noch keiner bestimmten Person zugeordnet werden können oder nicht zugeordnet werden sollen, dient. Mangels Kundenbezogenheit unterliegen derartige Konten nicht der Legitimationsprüfungspflicht nach § 154 Abs. 2 AO. Das CpD-Konto ist eine Art Fehlbuchungs- oder Restantenkonto.
Rz. 591
Um einen Missbrauch und die Umgehung von § 154 Abs. 2 AO zu verhindern, dürfen Buchungen darüber nur vorgenommen werden, wenn zum Zeitpunkt der Buchung der Name des Begünstigten nicht zu ermitteln ist oder es sich nicht sofort klären lässt, ob der eingegangene Betrag dem Konto des Begünstigten noch gutgeschrieben werden kann bzw. ob für diesen Geschäftsvorfall ein "entsprechendes Konto" existiert, das zur Abwicklung des Geschäftsvorfalls in gleicher Weise geeignet ist. Ansonsten ist die Pflicht zur Kontenwahrheit nach § 154 AO verletzt. Zu Kontrollzwecken kann der steuerliche Außenprüfer bei Kreditinstituten überprüfen, ob die Geschäftsvorfälle auf den CpD-Konten diesen Anforderungen entsprechend verbucht worden sind. Diesbezüglich können unter Umständen auch Kontrollmitteilungen gefertigt werden; § 30a Abs. 3 AO a.F. verbot nur die planmäßige Nachprüfung und diese auch nur bei legitimationsgeprüften Konten. Zur Aufhebung des § 30a AO s. Rz. 538 a.E.
Rz. 592
Ebenfalls anonym abgewickelt, jedoch grundsätzlich als zulässig angesehen werden die gesetzlich nicht geregelten, heutzutage nicht mehr so häufig getätigten sog. Tafelgeschäfte. Als solche werden Geschäfte bezeichnet, bei denen am Schalter der Bank eine Leistung und eine Gegenleistung sofort und effektiv ("über die Tafel") gegen Barzahlung ohne Einschaltung eines Wertpapierdepots Zug um Zug erfolgen (z.B. die Aushändigung oder Zurücknahme von effektiven Wertpapierstücken, die Einlösung von Zinscoupons und Devisengeschäfte). Das klassische Tafelgeschäft wird weder über ein Kundenkonto noch über ein CpD-Konto, sondern nur auf einem betriebsinternen Konto der Bank abgewickelt, so dass eine Legitimationsprüfung gem. § 154 Abs. 2 AO entfällt. Daher sind die Überprüfungsmöglichkeiten dieser Geschäfte naturgemäß äußerst begrenzt, weshalb seit 1993 auch ein erhöhter Zinsabschlag (35 %) vorgenommen wird.
Rz. 593
Wird gegen die vorbezeichneten Grundsätze der Kontenwahrheit verstoßen, hat dies zunächst für den Gefährdungstatbestand nach § 379 Abs. 2 Nr. 2 AO Bedeutung. Unter Umständen kann sich der Bankberater, der den Vermögenstransfer unter Missachtung des § 154 AO anonymisiert hat, wegen Beteiligung nach § 379 Abs. 2 Nr. 2 AO i.V.m. § 14 OWiG bzw. wegen täterschaftlicher Begehung des § 379 Abs. 1 S...