I. Wiederholte Gefährdungshandlungen nach § 379 AO
Rz. 700
Die Zusammenfassung wiederholter vorsätzlicher Verstöße gegen § 379 AO zu einer fortgesetzten, einheitlichen Tat ist nach Aufgabe dieser Rechtsfigur (s. § 370 Rz. 874 ff. m.w.N.) auch für die der Steuerhinterziehung vorgelagerten Steuergefährdungshandlungen nicht mehr möglich. Aufgrund der gewandelten Rspr. muss auch die Rechtsfigur der fahrlässigen Dauerordnungswidrigkeit für den Bereich der Steuerordnungswidrigkeiten aufgegeben werden. In diesen Fällen wird nunmehr regelmäßig Tatmehrheit (s. dazu § 377 Rz. 145 ff.) vorliegen.
Hingegen machen mehrere Verstöße gegen die Buchführungspflicht innerhalb eines bestimmten Zeitraums die Buchführung insgesamt unordentlich, so dass sie eine Bewertungseinheit bilden und insgesamt als einheitliche Tat anzusehen sind.
Rz. 701
Bei der Verwirklichung mehrerer Tatalternativen des § 379 AO ist differenzierend zu betrachten:
Rz. 702
Hingegen ändert die nachfolgende Verwendung eines falschen Belegs bzw. das Nichtbuchen des Geschäftsvorfalls nichts an dem bereits mit der Belegherstellung bzw. der unterlassenen Aufzeichnung eingetretenen Gefährdungserfolg und an dem damit erfüllten Ordnungswidrigkeitentatbestand. Die im Ergebnis doppelte Gefährdung spricht angesichts des Charakters der Vorschrift dafür, dass beide Tathandlungen ebenfalls im Verhältnis der Tatmehrheit stehen.
II. Verhältnis zu den §§ 370, 378 AO
Rz. 703
Die Steuergefährdungstatbestände nach § 379 AO bilden als typische Vorbereitungshandlungen bzw. Durchgangsdelikte (s. bereits Rz. 30) häufig die Vorstufe zu den späteren Verletzungsdelikten nach den §§ 370, 378 AO. Bereits aus den allgemeinen Grundsätzen der Gesetzeskonkurrenz folgt, dass das Gefährdungsdelikt gegenüber dem Verletzungsdelikt (auch im Versuchsstadium) subsidiär ist, wie dies auch der Regelung in § 21 Abs. 1 OWiG zugrunde liegt (s. dazu § 370 Rz. 883 und § 377 Rz. 148). Diese Stufensubsidiaritätsregel wird im Verhältnis des § 379 AO zu § 378 AO ausdrücklich in § 379 Abs. 4–6 AO, jeweils Halbs. 2, wiederholt.
Rz. 704
Die Steuergefährdung ist gegenüber den Verletzungstatbeständen der §§ 370, 378 AO jedoch nur insoweit subsidiär, als dasselbe Rechtsgut, d.h. dieselbe Steuerart, betroffen ist und die Gefährdung nicht über die Verletzung hinausreicht.
Beispiel
Großhändler A tätigt im großen Umfang Ohne-Rechnung-Geschäfte. Er trägt die Verkäufe nicht in das Warenausgangsbuch ein; die Einnahmen gibt er bei den monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen nicht an und führt bei den monatlichen Umsatzsteuervorauszahlungen entsprechend niedrigere Beträge ab. A hatte die Absicht, die Erlöse aus den OR-Geschäften auch bei den jährlichen Einkommen- und Gewerbesteuererklärungen nicht anzugeben. Bevor er jedoch die Erklärungen einreichen kann, werden seine Manipulationen aufgedeckt.
Im vorstehenden Beispiel wurden durch das Nichtverbuchen der OR-Geschäfte drei Steuerarten (Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer) gefährdet. Da drei verschiedene Rechtsgüter gefährdet werden (s. allgemein dazu § 370 Rz. 53 ff.), liegen nicht eine, sondern drei idealkonkurrierende Steuergefährdungen nach § 379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO vor. Hinzu tritt wegen der fehlenden Aufzeichnung des Warenausgangs der Tatbestand nach § 379 Abs. 2 Nr. 1a AO. Außerdem hat ...