Rz. 612
Tathandlung des § 379 Abs. 2 Nr. 2 AO i.V.m. § 154 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO ist das Unterlassen der Identifizierungs- und Legitimationsprüfung (s. Rz. 542). Da § 154 AO ausschließlich eine Vorschrift ist, die die sog. formale Kontenwahrheit gewährleisten soll, ist es für den Bußgeldtatbestand unerheblich, ob der angegebene Inhaber das Konto für eigene oder fremde Rechnung führt. Der BGH lehnt jede extensive, den Tatbestand verlassende Auslegung des § 154 AO ab. Auch das Ziel, Steuerhinterzieher zu verfolgen, erlaube es nicht, den Wortlaut des Gesetzes zu verlassen.
Rz. 613
Zu beachten ist ferner, dass § 154 Abs. 2d AO i.V.m. AEAO Nr. 11 zu § 154 aus Verhältnismäßigkeitsgründen folgende Ausnahmen von der Legitimationsprüfung zulässt:
- bei Eltern als gesetzliche Vertreter ihrer minderjährigen Kinder, wenn die Voraussetzungen für die gesetzliche Vertretung bei Kontoeröffnung durch amtliche Urkunden nachgewiesen werden,
- bei Vormundschaften und Pflegschaften einschließlich Amtsvormundschaften und Amtspflegschaften sowie bei rechtlicher Betreuung (§§ 1896 ff. BGB),
- bei Parteien kraft Amtes (Insolvenzverwalter, Zwangsverwalter, Nachlassverwalter, Testamentsvollstrecker und ähnliche Personen),
- bei Pfandnehmern (insbesondere in Bezug auf Mietkautionskonten, bei denen die Einlage auf einem Konto des Mieters erfolgt und an den Vermieter verpfändet wird),
- bei Vollmachten auf den Todesfall (auch nach diesem Ereignis),
- bei Vollmachten zur einmaligen Verfügung über ein Konto,
- bei Verfügungsbefugnissen im Lastschriftverfahren (SEPA-Lastschrift oder elektronisches Einzugsermächtigungsverfahren mit Zahlungskarte),
- bei Vertretung juristischer Personen des öffentlichen Rechts (einschließlich Eigenbetriebe),
- bei Vertretung von Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen,
- bei den als Vertretern eingetragenen Personen, die in öffentlichen Registern (Handelsregister, Vereinsregister) eingetragene Firmen oder Personen vertreten,
- bei Vertretung von Unternehmen, sofern schon mindestens fünf Personen, die in öffentliche Register eingetragen sind bzw. bei denen eine Legitimationsprüfung stattgefunden hat, Verfügungsbefugnis haben,
- bei Gerichtsvollzieher-Dienstkonten i.S.d. § 52 GVO (Gerichtsvollzieher und nach § 52 Abs. 6 GVO bevollmächtigte Personen),
- bei vor dem 1.1.1992 begründeten, noch bestehenden oder bereits erloschenen Befugnissen.
Rz. 614
Die vorstehend genannten Fallgruppen bezogen sich bisher nur auf die dort genannten Verfügungsberechtigten, da Daten zu den wirtschaftlichen Berechtigten bisher nicht erfasst wurden. Die in Abs. 2d vorgesehene Ermächtigung ermöglicht es, auch für bestimmte Fallgruppen von wirtschaftlich Berechtigten Ausnahmen vorzusehen. Ein Anwendungsfall ist beispielsweise das Konto des Verwalters einer Wohnungseigentumsgemeinschaft.
Rz. 615
Auch das Geldwäschegesetz sieht eine Ausnahme bei der Identifizierung des Kunden, der bereits bei früherer Gelegenheit identifiziert wurde, bei der Eröffnung weiterer Konten oder Depots vor (vgl. § 11 Abs. 3 GwG).
Rz. 616
Das entsprechende Unterlassen des Verpflichteten führt folglich nicht zu einem tatbestandlichen Verstoß.
Rz. 617
Tathandlung des § 379 Abs. 2 Nr. 2 AO i.V.m. § 154 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO ist die Nichtaufzeichnung der Angaben, die nicht geeignete Form der Aufzeichnung der Angaben sowie bei Konten das Nichterfassen der Angaben "auf dem Konto". Das Gesetz bestimmt nicht, in welcher konkreten Form die festgestellten Angaben aufzuzeichnen sind. Es spricht lediglich davon, dass dies "in geeigneter Form" zu geschehen habe. Ferner ist nur bei Konten der Ort der Aufzeichnung festgelegt; dies ist typischerweise das Kontenstammblatt.
Rz. 618
Dies hat zur Folge, dass der Verpflichtete jede Art der Aufzeichnung und mit Ausnahme des Kontos auch dessen Ort jedenfalls im Hinblick auf den Bußgeldtatbestand des § 379 Abs. 2 Nr. 2 AO selbst bestimmen kann. Zwar gibt AEAO Nr. 9.1 zu § 154 vor, dass ein Kreditinstitut ein Namensverzeichnis der Verfügungsberechtigten und wirtschaftlich Berechtigten zu führen habe, um jederzeit über die Konten und Schließfächer eines Verfügungsberechtigten oder eines wirtschaftlich Berechtigten Auskunft geben zu können. Im Ergebnis bleibt es jedoch bei der freien Wahl des Verpflichteten.
Rz. 619
Tathandlung des § 379 Abs. 2 Nr. 2 AO i.V.m. § 154 Abs. 2 Satz 3 AO ist die Nicht-Sicherstellung einer jederzeitigen Auskunftsbereitschaft. Wie dies sicherzustellen ist, ist gesetzlich wiederum nicht geregelt. Es besteht auch insoweit ein Wahlrecht des Verpflichteten.
Rz. 620
Beachte:
AEAO Nr. 11.1. zu § 154 sieht auch für die Herstellung der Auskunftsbereitschaft die in Rz. 613 f. beschriebenen Ausnahmen vor.
Rz. 621
Die Nichtüberwachung und Nichtaktualisierung der Geschäftsbeziehung durch den Verpflichteten ist Tathandlung nach § 379 Abs. 2 Nr. 2 AO i.V.m. § 154 Abs. 2 Satz 4 AO. Da es keine zeitliche Vorgabe im Gesetz ...