Rz. 50
Die in § 379 AO bezeichneten Zuwiderhandlungen lassen sich systematisch dahin gehend unterscheiden, dass in Abs. 1 Steuergefährdungen durch falsche Belege, falsche Buchungen und Verstöße gegen die den Belegen und Buchungen zugrunde liegenden Aufzeichnungssysteme, in den Abs. 2 und 3 Verstöße gegen Mitteilungs-, Dokumentation- bzw. Mitwirkungspflichten im steuerlichen Ermittlungsverfahren mit Bußgeld bedroht werden. Im Einzelnen enthält die Vorschrift 16 Gefährdungshandlungen:
Abs. 1 Satz 1:
- das Ausstellen unrichtiger Belege (Nr. 1; s. Rz. 53 ff.);
- das Inverkehrbringen von Belegen gegen Entgelt (Nr. 2; s. Rz. 85 ff.);
- die Verletzung von Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten (Nr. 3; s. Rz. 105 ff.);
- die fehlerhafte Verwendung bzw. die Nichtverwendung eines ordnungsgemäßen elektronischen Aufzeichnungssystems (Nr. 4; grundsätzlich anwendbar seit 1.1.2020; ausnahmsweise anwendbar ab 1.1.2023, sofern Registrierkassen, die den Vorgaben des BMF-Schreibens vom 26.11.2010 entsprechen, aber nicht aufrüstbar sind, nach dem 25.11.2010 und vor dem 1.1.2020 angeschafft wurden; s. Rz. 179 ff.);
- der fehlende oder nicht ausreichende Schutz von elektronischen Aufzeichnungssystemen (Nr. 5; anwendbar grundsätzlich seit 1.1.2020, ausnahmsweise ab 1.1.2023; s. Rz. 210 ff.);
- das verbotswidrige Bewerben oder Inverkehrbringen nicht ordnungsgemäßer Aufzeichnungssysteme oder Sicherheitseinrichtungen (Nr. 6; anwendbar grundsätzlich seit 1.1.2020, ausnahmsweise ab 1.1.2023; s. Rz. 240 ff.);
Abs. 2:
- die Verletzung der Mitteilungspflicht bei bestimmten Auslandsbeziehungen (Nr. 1; s. Rz. 290 ff.);
- die Verletzung der speziellen Aufzeichnungspflicht für den Warenausgang von Großhändlern (Nr. 1a; s. Rz. 330 ff.);
- die Verletzung der Pflichten bei Erhebung und Übermittlung von Daten nach § 117c AO (Nr. 1b; s. Rz. 350 ff.);
- die Verletzung der Pflicht zur Erstellung und Übermittlung länderbezogener Berichte nach § 138a AO (Nr. 1c; s. Rz. 385 ff.);
- die Verletzung der Pflicht von Finanzinstituten zur Mitteilung von hergestellten oder vermittelten Beziehungen inländischer Steuerpflichtiger zu Drittstaat-Gesellschaften (Nr. 1d; s. Rz. 430 ff.);
- die Verletzung der Pflicht einer vollständigen und rechtzeitigen Mitteilung über eine grenzüberschreitende Steuergestaltung nach §§ 138d, 138e, 138h AO durch den Intermediär (Nr. 1e; s. Rz. 455 ff.);
- die Verletzung von Mitteilungspflichten nach §§ 138g, 138h AO durch den Nutzer (Nr. 1f; s. Rz. 490 ff.);
- die Verletzung der Pflicht einer richtigen, vollständigen und rechtzeitigen Angabe einer verwirklichten grenzüberschreitenden Steuergestaltung nach § 138k AO durch den Steuerpflichtigen (Nr. 1g; s. Rz. 515 ff.);
- die Verletzung der Pflicht zur Kontenwahrheit bzw. der Legitimationsprüfungs- und Dokumentationspflicht (Nr. 2; s. Rz. 535 ff.);
- Abs. 3: das Zuwiderhandeln gegen eine der besonderen Steueraufsicht dienende Auflage (s. Rz. 640 ff.).
Rz. 51
Die Tathandlungen des § 379 Abs. 1 AO müssen die Verkürzung von Steuereinnahmen ermöglichen, d.h. die Vorschrift ist in ihrer Formulierung als abstraktes Gefährdungsdelikt ausgestaltet (s. weitergehend Rz. 265 m.w.N.). Die Absicht des Täters braucht sich auf die Steuerverkürzung nicht zu erstrecken.
Die Gefährdung durch falsche Belege und Aufzeichnungen/Buchungen und nicht ordnungsgemäße elektronische Aufzeichnungssysteme kann sich neben inländischen Steuern auch auf ausländische Einfuhr- und Ausfuhrabgaben und Umsatzsteuern beziehen, die von einem anderen EU-Mitgliedstaat verwaltet werden (§ 379 Abs. 1 Satz 2 und 3 AO; s. Rz. 270 ff.).
Rz. 52
Demgegenüber enthalten § 379 Abs. 2 und 3 AO reine Begehungstatbestände (bzw. Unterlassenstatbestände) mit der Folge, dass sich die Tatbestandserfüllung in dem Pflichtenverstoß erschöpft.