1. Allgemeines
Rz. 23
Bei den sog. Abzugsteuern handelt es sich um eine besondere Erhebungsform bzw. Unterarten der Einkommensteuer mit der Besonderheit, dass ein Dritter, der dem Steuerschuldner die steuerpflichtigen Einnahmen zuwendet, bei der Auszahlung den Steuerbetrag abzuziehen und an die FinB abzuführen hat. Die Abzugsbeträge stellen folglich keine besondere Steuerart dar, sondern eine Vorauszahlung auf die erwartete Steuerschuld des Leistungsempfängers, die in Erfüllung einer fremden Steuerschuld (s. bereits Rz. 3 f.) durch Abzug von der Leistung erhoben und im anschließenden Festsetzungsverfahren konkretisiert wird.
Der Abzugspflichtige hat dabei die Abzugsbeträge selbst zu berechnen und über den durchgeführten Steuerabzug eine Steuererklärung in Form einer Steueranmeldung beim zuständigen (Betriebsstätten-)FA abzugeben (vgl. z.B. § 150 Abs. 1 AO i.V.m. § 41a Abs. 1 Nr. 1 EStG für die Lohnsteuer). Seit dem 1.1.1995 ist auf die jeweilige Abzugsteuerschuld bei der Einkommensteuer noch zusätzlich der Solidaritätszuschlag von 5,5 % als Ergänzungsabgabe aufzuschlagen.
Steuerabzugsbeträge i.S.d. § 380 AO sind die Folgenden:
2. Lohnsteuer
Rz. 24
Bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit wird die Einkommensteuer gem. §§ 38–42g EStG i.V.m. der LStDV durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben (sog. Lohnsteuer). Maßgeblich ist das Vorliegen eines Dienstverhältnisses i.S.v. § 1 LStDV, aus dem Arbeitslohn bezogen wird. Die Lohnsteuer entsteht in dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitslohn dem Arbeitnehmer zufließt (§ 38 Abs. 2 Satz 2 EStG). Unter Arbeitslohn werden alle Einnahmen, Bezüge und Vorteile in Geld oder Geldeswert verstanden, die durch ein individuelles Dienst- bzw. Arbeitsverhältnis veranlasst sind, d.h. dem Empfänger nur mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zufließen (vgl. § 2 Abs. 1 LStDV) und Ertrag der nichtselbständigen Tätigkeit darstellen. Arbeitslohn sind demnach Einnahmen, die sich im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zuverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft erweisen. Andererseits fehlt es am Charakter eines Arbeitslohns, wenn die Zuwendungen im ganz überwiegenden Interesse des Arbeitgebers gewährt werden (z.B. als Reisekostenzuschüsse an Außendienstmitarbeiter) oder auf eigenständigen Rechtsgründen beruhen (z.B. als Darlehenszinsen, Gratifikation, urheberrechtliche Verwertungsrechte oder Mieteinnahmen).
Rz. 24.1
Zum Arbeitslohn zählen auch sog. Drittlohnzahlungen (vgl. § 38 Abs. 1 Satz 3 EStG), wie sie z.B. im Dienstleistungsbereich in Form von (Pflicht-)Trinkgeldern üblich sind. Dem Lohnsteuerabzug unterliegen nur vom Arbeitgeber gezahlte Trinkgelder (z.B. im Gaststätten- und Hotelgewerbe), auf die der Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch hat und um deren Höhe der Arbeitgeber folglich weiß. Freiwillig von Dritten zugewendete Trinkgelder sind seit 2002 steuerfrei (§ 3 Nr. 51 EStG). Auch Aktienoptionsprogramme (sog. Stock Options) durch (ausländische) Mutterunternehmen an Mitarbeiter (deutscher) Tochtergesellschaften stellen Arbeitslohn dar. Hierbei treten zwei Grundkonstellationen auf, in denen Arbeitgeber und Lohnzahler nicht identisch sind:
Rz. 24.2
Die Lohnsteuerabzugspflicht nach § 38 Abs. 1 Satz 1 EStG kann auch bei formal gegebener Drittzahlung eingreifen, wenn es sich (lediglich) um eine sog. unechte Drittlohnzahlung handelt, bei der ein Dritter als Zahlender in Erscheinung tritt, im Innenverhältnis jedoch mit dem Arbeitgeber abrechnet und dieser wirtschaftlich das Entgelt begleicht. In einem solchen Fall ist der Dritte bloß Zahlstelle bzw. Leistungsmittler des Arbeitgebers. Demzufolge greift bereits § 38 Abs. 1 Satz 1 EStG ein. Den Arbeitgeber trifft die Pflicht, die Lohnsteuer auch für den Zusatzlohn einzubehalten. In diesen Fällen wird ein geldwerter Vorteil formal nicht von dem Arbeitgeber, sondern von einem unabhängigen dritten Unternehmen zugewendet, diese Zuwendung ist allerdings dem Arbeitgeber und Lohnsteuerabzugsverpflichteten zuzurechnen. Allein das Bestehen eines Konzernverhältnisses rechtfertigt allerdings nicht die Annahme einer unechten Drittlohnzahlung. Selbst bei Bestehen eines Organschaftsverhältnisses kann aufgrund der fortbestehenden rechtlichen und wirtschaftlichen Selbständigkeit der Konzernunternehmen nicht davon ausgegangen werden, dass etwa die Tochtergesellschaft wirtschaftlich einen von der Muttergesellschaft gewährten Zusatzlohn trägt.
Rz. 24.3
Hiervon zu unterscheiden ist der Fall einer sog. echten Drittlohnzahlung, in dem im Rahmen des Dienstverhältnisses von einem Dritten, der nicht nur als Zahlstelle fungiert, Arbeitslohn gewährt wird. Dies verlangt, dass eine vom Arbeitgeber verschiedene Person sich eigenständig gegenüber dem Arbeitnehmer verpflicht...