1. Allgemeines
Rz. 22
Der Tatbestand der Verbrauchsteuergefährdung setzt die Verletzung der in § 381 Abs. 1 Nr. 1–3 AO bezeichneten verbrauchsteuerrechtlichen Pflichten voraus. Die einzelnen Verletzungstatbestände des § 381 Abs. 1 AO lassen sich nicht immer klar voneinander abgrenzen. So fallen die Verpackungs- und Kennzeichnungsvorschriften eigentlich unter den Begriff der Verkehrsbeschränkung, und auch Erklärungs- bzw. Anzeigepflichten können sich als Verkehrs- oder Verwendungsbeschränkungen auswirken (so z.B. die Versendungsanmeldungen; s. Rz. 29). Maßgeblich ist jeweils diejenige Tatbestandsalternative, unter deren Wortlaut sich die Vorschrift am leichtesten einordnen lässt. In den meisten Ordnungswidrigkeitenvorschriften der Verbrauchsteuergesetze, die auf § 381 Abs. 1 AO verweisen, ist eine Aufteilung nach Tatbestandsalternativen aber bereits erfolgt. Lassen sich im Einzelfall letzte Zweifel nicht ausräumen, so besteht die Möglichkeit einer wahlweisen Verurteilung (s. dazu § 370 Rz. 920).
2. Verstöße gegen Pflichten zur Vorbereitung, Sicherung oder Nachprüfung der Besteuerung (§ 381 Abs. 1 Nr. 1 AO)
Rz. 23
Anders als die Vorgängervorschrift (§ 407 Abs. 1 Nr. 1 RAO 1968) erfasst § 381 Abs. 1 Nr. 1 AO nicht nur Erklärungs- und Anzeigepflichten, sondern Pflichten ganz allgemein, die dem Betroffenen zur Vorbereitung, Sicherung oder Nachprüfung der Besteuerung auferlegt sind. Auch die Verletzung anderer als Erklärungs- und Anzeigepflichten können somit künftig als Ordnungswidrigkeiten geahndet werden (s. bereits Rz. 3). Darunter fallen z.B. Buchführungs-, Anzeige-, Aufbewahrungs-, Vorlagepflichten oder Pflichten zur Sicherung von Waren.
Verbrauchsteuerrechtliche Obliegen zur Erlangung einer Steuervergünstigung (z.B. eine Erlaubnis zur Unterhaltung eines Steuerlagers gem. § 5 Abs. 1 Satz 2 BierStG i.V.m. § 4 BierStV oder § 5 Abs. 1 Satz 2 AlkStG i.V.m. § 5 AlkStV) fallen hingegen nicht unter § 381 Abs. 1 Nr. 1 AO.
Rz. 24
Die bezeichneten Pflichten müssen aus steuerlichen Gründen ("zur Vorbereitung, Sicherung oder Nachprüfung der Besteuerung") auferlegt sein. Die Abgrenzung kann bei Verbrauchsteuergesetzen, die auch andere als steuerliche Zwecke verfolgen, im Einzelfall schwierig sein. Gleichwohl gilt: Ein Verstoß gegen Pflichten, die keinen steuerrechtlichen Gehalt haben, fällt nicht unter § 381 Abs. 1 Nr. 1 AO.
Rz. 25
In Bezug auf Verstöße gegen Buchführungs- bzw. Aufzeichnungspflichten, die sich aus Verbrauchsteuergesetzen ergeben, stellt § 381 Abs. 1 Nr. 1 AO eine Spezialvorschrift dar, die die in solchen Fällen tatbestandsmäßig ebenfalls erfüllte Bußgeldvorschrift des § 379 Abs. 1 Nr. 3 AO verdrängt (s. auch § 379 Rz. 712). Praktische Bedeutung hat diese Feststellung vor allem hinsichtlich der unterschiedlichen Verjährungsfristen von einerseits zwei Jahren bei § 381 AO (§ 377 Abs. 2 i.V.m. § 31 Abs. 2 Nr. 2 OWiG; s. Rz. 44), andererseits von fünf Jahren bei § 379 AO (§ 384 AO). Zudem ist die Verfolgung von Buchführungsverstößen auf dem Gebiet des Verbrauchsteuerrechts an das Vorhandensein einer Rückverweisung auf § 381 AO gebunden.
Rz. 26
Da die Bestimmungen des Verbrauchsteuerrechts vorrangig dem Zweck der Kontrolle des Betriebs, der Betriebsvorgänge, der Waren und deren Entfernung aus dem Herstellungsbetrieb dienen, handelt es sich bei den bußgeldbewehrten Pflichten i.S.d. § 381 Abs. 1 Nr. 1 AO im Wesentlichen um Erklärungs-, Anzeige-, Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten z.B. über:
- Eröffnung, Einstellung, Ruhen oder Wechsel im Besitz des Herstellerbetriebs oder beim Inhaber eines Steuerlagers;
- Änderungen der Verhältnisse beim Steuerlagerinhaber;
- Bestandsmeldungen, Sortenverzeichnisse;
- Überlassung bzw. Entnahme von Proben;
- Vorführung bzw. Beförderung von steuerpflichtigen Waren und anderen Gegenständen;
- Führen von Belegheften, Lagerbüchern, Steuerbüchern, Brennbüchern oder anderen Aufzeichnungen;
- Vorlage bzw. Mitführen von Bescheinigungen, Begleitdokumenten u.Ä.;
- Bezug, Beförderung, Besitz oder Verwendung der steuerpflichtigen Waren;
- Lieferung bzw. Versand der steuerpflichtigen Waren.
Ein Verstoß gegen die Buchungs-, Aufzeichnungs- oder Anzeigepflichten liegt vor, wenn die vorgeschriebene Erklärung nicht, nicht rechtzeitig, inhaltlich unvollständig oder inhaltlich unrichtig abgegeben wird. Wegen der einzelnen Zuwiderhandlungen wird verwiesen auf die in dem jeweiligen Abs. 1 der verbrauchsteuerrechtlichen Bußgeldnormen enthaltenen Tatbestände mit entsprechendem Rückverweis auf § 381 Abs. 1 Nr. 1 AO (s. die Aufzählung im Einzelnen unter Rz. 45).