1. Allgemeines
Rz. 16
Täter einer Ordnungswidrigkeit nach § 382 Abs. 1 AO kann an sich nur sein, wer zu den in der Norm aufgezählten "Pflichtigen" oder denjenigen, die "bei der Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Pflichtigen" handeln, gehört. Die Norm enthält jedoch nur der Form nach einen Sondertatbestand. Der Kreis der möglichen Täter ist – insbesondere durch die zweite Alternative der erfassten Personengruppen – entsprechend § 378 AO (s. § 378 Rz. 16 ff.) so weit gefasst, dass eine Verletzung der in § 31 ZollVG und § 30 ZollV genannten Vorschriften durch einen Nichtverpflichteten kaum denkbar ist.
Rz. 16.1
Dritte, die sich an der (vorsätzlichen) Tat einer unter die in § 382 Abs. 1 AO genannten Tätergruppen fallenden Person vorsätzlich (s. § 377 Rz. 65 f.) beteiligen, können nach § 14 Abs. 1 Satz 2 OWiG selbst dann wegen einer Gefährdung der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben mit Bußgeld belegt werden, wenn sie nicht zum Täterkreis des § 382 Abs. 1 AO gehören (s. § 377 Rz. 73 f.).
Rz. 17
Der Ordnungswidrigkeitentatbestand des § 382 Abs. 1 AO verzichtet – anders als noch die Vorgängerregelung in § 408 Abs. 1 RAO – auf eine genaue Umschreibung des Täterkreises. Dieser ergibt sich aus den blankettausfüllenden zollrechtlichen Vorschriften (s. Rz. 7 f.). Die durch die Pflichtenstellung begründete bußgeldrechtliche Verantwortlichkeit ist dabei zu trennen von der Haftung für die Einfuhrabgaben (s. zur Zollschuldnerschaft Art. 79 Abs. 3 UZK)."Pflichtiger" i.S.d. § 382 Abs. 1 AO ist jeder durch die dort genannten Vorschriften unmittelbar Verpflichtete. Praktisch bedeutsam sind vor allem die Gestellungspflichtigen.
Die in den drei Tatalternativen des § 382 Abs. 1 AO bezeichneten Pflichten richten sich demnach an folgende Personenkreise:
2. Gestellungspflichtige
Rz. 18
Eingeführte Waren müssen – von wenigen Ausnahmen abgesehen – der zuständigen Zollstelle oder an einem anderen von den Zollbehörden bezeichneten oder zugelassenen Ort gestellt werden (Art. 139 UZK; § 4 ZollVG; §§ 6, 7 ZollV). "Gestellung" ist die Mitteilung an die Zollbehörden, dass sich Waren bei der Zollstelle oder an einem anderen von den Zollbehörden bezeichneten oder zugelassenen Ort befinden bzw. dort eingetroffen sind und für Zollkontrollen zur Verfügung stehen (Art. 5 Abs. 33 UZK). Zur Gestellung ist zunächst verpflichtet, wer die Waren in das Zollgebiet der EU verbracht hat (Verbringer). Daneben ist die Person, welche die Beförderung der Waren nach ihrem Verbringen übernimmt (Beförderer; vgl. Art. 233 UKZ), verpflichtet.
Rz. 19
Die Gestellungspflicht obliegt demjenigen, der die Ware in das Zollgebiet verbringt, d.h. mit der Ware die EU-Zollgrenze überschreitet, bzw. die Verantwortung für die Beförderung der Waren nach dem Verbringen in das Zollgebiet der Union übernommen hat (Art. 139 UZK). In der Regel sind dies der Lkw-Fahrer, der Schiffsführer, der Flugzeugführer oder Personen der Eisenbahn- bzw. Postverwaltung. Erfolgt vor Erreichen der Zollstelle (vgl. Art. 135 Abs. 1 UZK) eine Übergabe der Ware auf einen anderen (z.B. bei Umladungen), so geht auch die Verpflichtung zur Gestellung über. Gemäß Art. 139 Abs. 1 Buchst. b UZK ist auch derjenige, in dessen Namen oder Auftrag die Person bei der Verbringung der Ware in das EU-Zollgebiet handelt, gestellungspflichtig.
Gestellungspflichtig gem. Art. 139 UZK kann nur eine natürliche Person (vgl. Art. 5 Nr. 4 UZK) sein. Die Eigentums- und Besitzverhältnisse sind für die Gestellungspflicht unerheblich. Auch der Dieb der Ware ist Gestellungspflichtiger, wenn er sie in das Zollgebiet der EU verbringt.
Rz. 20
Im Falle des Nichtgestellens von Waren im unionsrechtlichen Versandverfahren können neben dem Hauptverpflichteten, d.h. dem Inhaber des Unionsversandverfahrens (vgl. zum Inhaberbegriff Art. 5 Nr. 35 UZK) auch der Beförderer (Spediteur) und Warenempfänger, der die Waren annimmt und weiß, dass sie im Unionsversandverfahrens befördert werden, bußgeldrechtlich zur Verantwortung gezogen werden (vgl. Art. 233 Abs. 3 UZK).