Rz. 1015

[Autor/Stand] Eine Bank kann aber auch wegen Teilnahmeverdachts zu Steuerhinterziehungen ihrer Kunden durchsucht werden (s. dazu § 370 Rz. 165 ff., zu aktuellen Ermittlungsanlässen im Zusammenhang mit Offshore-Gesellschaften, Stiftungen, Lebensversicherungen, Nummernkonten und sog. Postabholern s. § 370 Rz. 1986 ff.). Dann gelten für die Mitarbeiter die Beschuldigtenrechte wie in Rz. 147 ff. bezeichnet. Zu den näheren Einzelheiten s. auch § 404 Rz. 240 ff.

 

Rz. 1016

[Autor/Stand] Dem Grunde nach setzen Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnungen einen konkreten Tatverdacht voraus. Es müssen also konkrete Anhaltspunkte dafür sprechen, dass Bankkunden eine Steuerhinterziehung begangen bzw. Bankangestellte hierzu Beihilfe geleistet haben (s. § 370 Rz. 165 ff.)[3]. Auf keinen Fall dürfen die Geschäftsräume der Banken und die Kontounterlagen aufgrund einer vagen Möglichkeit bzw. der bloßen Vermutung objektiver Steuerverkürzungen durchsucht werden. Eine Ausforschungsdurchsuchung ist auf jeden Fall unzulässig (m.w.N. zur Rspr. s. § 404 Rz. 215 f., 249).

 

Rz. 1017

[Autor/Stand] Das BVerfG hat die weitreichenden Durchsuchungen der StA und Steufa in den Bankenfällen jedoch für rechtens erachtet[5]. Ein Verdacht der Beihilfe von Mitarbeitern zur Steuerhinterziehung ihrer Kunden folge aus den systematischen illegalen Geldtransfers auf ausländische Konten.

 

Rz. 1018

[Autor/Stand] Unabdingbare Voraussetzung für den Ermittlungsbeginn ist aber das Vorliegen eines konkreten Tatverdachts gegen Bankkunden bzw. Mitarbeiter der Bank hinsichtlich einer Steuerhinterziehung bzw. der Beteiligung daran. In gleicher Weise rechtswidrig wären strafrechtliche Ermittlungen gegen Bankangestellte, wenn sie nur zum Schein eingeleitet würden, um auf diese Weise Zugriff auf sämtliche Kontounterlagen zu erlangen und damit noch unbekannten Steuerhinterziehern auf die Spur zu kommen. Die aufgrund einer solchen rechtsfehlerhaften Durchsuchung erlangten Beweismittel dürften sicherlich einem Verwertungsverbot unterliegen[7].

 

Rz. 1019

[Autor/Stand] In der Praxis wird jedoch der Nachweis der Einleitung eines bloßen Scheinverfahrens schwer zu führen sein. Ein Indiz dafür könnte in dem Umstand begründet sein, dass die weiteren Ermittlungen trotz entsprechender Verdachtsgründe gegen die Bankangestellten nur noch gegen die nunmehr ausermittelten Haupttäter betrieben werden. Es müssen vielmehr genügende Anhaltspunkte für eine beihilfefähige Haupttat vorliegen[9].

 

Rz. 1020

[Autor/Stand] Kein unzulässiges Scheinverfahren – so das BVerfG[11] – liegt hingegen vor, wenn die Durchsuchung bei einem Beihilfeverdacht gegen Bankangestellte auch der Ermittlung einer Vielzahl bislang noch unbekannter Haupttäter oder weiterer Gehilfen bezweckt. Sie dürfen aber nicht dazu missbraucht werden, über das anhängige Ermittlungsverfahren hinaus weitere Beweismittel für vermutete Steuerhinterziehungen bislang noch unverdächtiger anderer Kunden zu sammeln. Wegen der Akzessorietät der Teilnahme sind die Ermittlungen aber auf solche Haupttaten zu beschränken, die überhaupt eine Beziehung zu dem im Durchsuchungsbeschluss konkretisierten Tatvorwurf haben.

 

Rz. 1021

[Autor/Stand] Die Aufzählung der gesuchten Beweismittel mit "sowie sämtliche Unterlagen, die Aufschluss über die Entstehung oder die Verwendung von Einkünften oder Vermögenswerten geben" enthält eine Scheinkonkretisierung[13].

[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.10.2020
[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.10.2020
[3] Zum Tatverdacht vgl. Kniffka, wistra 1987, 309.
[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.10.2020
[5] BVerfG v. 23.3.1994 – 2 BvR 396/94, ZIP 1994, 610 = wistra 1994, 221 = NJW 1994, 2079 zu LG Düsseldorf v. 29.9.1984 – III Qs 121 – 123/84, III Qs 121/84, III Qs 122/84, III Qs 123/84, wistra 1985, 201 f.; BVerfG v. 13.12.1994 – 2 BvR 894/94, ZIP 1995, 101 m. Anm. Carl/Klos, wistra 1994, 211 und DStZ 1994, 391; Otto, StV 1994, 409; Streck, StV 1994, 355; Leisner, BB 1994, 1941; ebenso z.B. BVerfG v. 1.3.2002 – 2 BvR 972/00, wistra 2002, 298; vgl. ferner Hoven, NStZ 2014, 361 (365).
[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.10.2020
[7] So zutr. Kniffka, wistra 1987, 310 m.w.N.
[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.10.2020
[9] Vgl. nun insoweit einschränkend BVerfG v. 27.2.2007 – 1 BvR 538/06, 1 BvR 2045/06 – CICERO, wistra 2007, 177 = NJW 2007, 1117 betr. Pressefreiheit und Informantenschutz bei Durchsuchung von Redaktionsräumen wegen Beihilfeverdachts gegen Redakteure.
[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.10.2020
[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.10.2020
[13] LG Berlin v. 18.3.2004 – 505 Qs 12/04, wistra 2004, 319.

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