Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Ergänzender Hinweis: Nr. 19 AStBV (St) 2020 (s. AStBV Rz. 19).
1. Gleichgestellte andere Straftaten
Rz. 14
Den FinB ist aus Gründen der Sachnähe teilweise auch die Verwaltung von Prämien und Zulagen sowie von Subventionen übertragen worden. Kraft ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung finden daher bei Verstößen gegen die gewährenden, nichtsteuerlichen Gesetze die für das Steuerstrafverfahren maßgeblichen Vorschriften der §§ 385–408 AO entsprechende Anwendung.
Rz. 15
Aktuell werden in Prämien- und Wirtschaftsförderungsgesetzen folgende allgemeine Straftaten den Steuerstraftaten gleichgestellt mit der Folge der Anwendbarkeit der §§ 385–408 AO:
Rz. 16
Durch die gesetzliche Verweisung in vorstehend genannten Einzelgesetzen ist den FinB bei Verstößen der bezeichneten Art die eigenständige Ermittlungskompetenz nach § 386 Abs. 2 AO übertragen (s. auch § 386 Rz. 24, 66 ff.), d.h. sie führen das Ermittlungsverfahren im Rang der StA gem. den § 399 Abs. 1, §§ 400, 401 AO selbständig durch, soweit nicht ein Ausschlussgrund gem. § 386 Abs. 3, Abs. 4 AO eingreift oder die Tat gleichzeitig andere Strafgesetze verletzt.
Weiterhin folgt daraus die sachliche Zuständigkeit der Steufa zur Erforschung dieser Taten im Rahmen des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens (§§ 404, 208 Abs. 1 AO). Zu diesem Zweck kann sie auch Außenprüfungen durchführen (§§ 404, 208 Abs. 1 AO).
2. Monopolstraftaten
Rz. 17
Nach Streichung der besonderen Strafvorschriften des BranntwMonG (§§ 119–125 BranntwMonG a.F.) im Jahr 1987 gelten für Branntweinabgaben, die Verbrauchsteuern i.S.d. AO sind, die materiellen Strafbestimmungen der §§ 369–376 AO unmittelbar. Eines besonderen Hinweises auf die §§ 385 ff. AO bedurfte es daher nicht. Das Erschleichen eines überhöhten Übernahmegeldes oder anderer Monopolvergünstigungen ist seitdem als Betrug (§ 263 StGB) verfolgbar, wobei aber gem. § 128 BranntwMonG durch Ausnahme von § 386 Abs. 2, §§ 399–401 AO – ähnlich wie für die Betrugsfälle des § 385 Abs. 2 AO – die Ermittlungszuständigkeiten der Zollbehörden wie im unselbständigen Ermittlungsverfahren wegen Steuerstraftaten bestehen. Ab 2018 wurde das BranntwMonG abgelöst durch das AlkStG.
3. Marktordnungsvergehen
Rz. 18
Für Abgaben zu Marktordnungszwecken aller Art finden zwar gem. § 12 Abs. 1 MOG die materiell-rechtlichen Vorschriften der §§ 370–376 AO entsprechende Anwendung (s. § 369 Rz. 25), für das Straf-(und Bußgeld-)verfahren gelten jedoch die Sondervorschriften der §§ 37, 38 MOG i.V.m. der StPO, d.h. die StA ist Herrin des Verfahrens. Den Zollbehörden sind jedoch weitgehende Rechte zur Mitwirkung eingeräumt.
Gleiches gilt in verfahrensrechtlicher Hinsicht für das Erschleichen von Ausfuhrerstattungen und anderer Subventionen nach dem MOG, das materiell-rechtlich als Subventionsbetrug gem. § 264 StGB strafbar ist.
4. Sog. Vorspiegelungsstraftaten (§ 385 Abs. 2 AO)
Ergänzender Hinweis: Nr. 18 Ziff. 1 Satz 2 AStBV (St) 2020 (s. AStBV Rz. 18).
Rz. 19
Gemäß § 385 Abs. 2 AO finden die verfahrensrechtlichen Vorschriften der §§ 385–408 AO bei dem "Verdacht einer Straftat, die unter Vorspiegelung eines steuerlich erheblichen Sachverhalts gegenüber der Finanzbehörde oder einer anderen Behörde auf die Erlangung von Vermögensvorteilen gerichtet ist und kein Steuerstrafgesetz verletzt", größtenteils entsprechende Anwendung (zu den Ausnahmen s. Rz. 21).
a) Begriff der "Vorspiegelungsstraftat"
Rz. 20
Da die Rspr. früher Sachverhalte, bei denen der gesamte Steue...