Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Ergänzender Hinweis: Nr. 145–147 AStBV (St) 2020 (s. AStBV Rz. 145 ff.).
1. Ermittlungen gegen Kunden
Rz. 1013
Beschlagnahme- und Durchsuchungshandlungen bei Banken in steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen ihre Kunden sind zulässig.
Das sog. Bankgeheimnis (vgl. § 30a AO) ist seit dem 25.7.2017 aufgehoben (s. Rz. 189 m.w.N.) und war im Strafverfahren sowieso unbeachtlich (s. dazu § 404 Rz. 242 ff.). Zu den steuerlichen Möglichkeiten von Sammelauskunftsersuchen vgl. § 93 Abs. 1a AO n.F.
Den Bankangestellten steht nach der StPO kein Zeugnisverweigerungsrecht zu, sie sind vielmehr zur Auskunft verpflichtet.
In der Praxis erfolgt die Durchsuchung bei Banken überwiegend als unverdächtige Dritte nach § 103 StPO (so die Durchsuchung der Commerzbank Ende 2013 wegen des Verdachts gegen Kunden, die mithilfe eines mit der Bank kooperierenden Finanzdienstleisters durch sog. Lebensversicherungsmäntel [sog. Wraps] Steuern in Millionenhöhe hinterzogen haben sollten). In der Regel wird zunächst ein Herausgabeverlangen mit Abwendungsbefugnis nach § 95 StPO gestellt (s. Rz. 314, dort auch zur Anordnungsbefugnis), welchem die Bank nachkommt.
Rz. 1014
Die Banken kooperieren zumeist mit der Steufa. Oft laufen Durchsuchungen gegen namentlich bekannte Bankkunden und Vorfeldermittlungen der Steufa zur Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle nach § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO parallel. Die Zulässigkeit dieses Vorgehens ist innerhalb der höchstrichterlichen Rspr. umstritten (s. dazu Rz. 1028 und § 404 Rz. 80 ff.). In diesem Zusammenhang sind Sammelauskunftsersuchen möglich. Es gehen sodann abgestimmte Schreiben an die Kunden mit dem Hinweis auf entsprechendes Kontrollmaterial und der Bitte, die bisherigen Steuererklärungen auf Vollständigkeit hin zu überprüfen ("Goldene Brücke Schreiben").
2. Ermittlungen wegen Beihilfe
Rz. 1015
Eine Bank kann aber auch wegen Teilnahmeverdachts zu Steuerhinterziehungen ihrer Kunden durchsucht werden (s. dazu § 370 Rz. 165 ff., zu aktuellen Ermittlungsanlässen im Zusammenhang mit Offshore-Gesellschaften, Stiftungen, Lebensversicherungen, Nummernkonten und sog. Postabholern s. § 370 Rz. 1986 ff.). Dann gelten für die Mitarbeiter die Beschuldigtenrechte wie in Rz. 147 ff. bezeichnet. Zu den näheren Einzelheiten s. auch § 404 Rz. 240 ff.
Rz. 1016
Dem Grunde nach setzen Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnungen einen konkreten Tatverdacht voraus. Es müssen also konkrete Anhaltspunkte dafür sprechen, dass Bankkunden eine Steuerhinterziehung begangen bzw. Bankangestellte hierzu Beihilfe geleistet haben (s. § 370 Rz. 165 ff.). Auf keinen Fall dürfen die Geschäftsräume der Banken und die Kontounterlagen aufgrund einer vagen Möglichkeit bzw. der bloßen Vermutung objektiver Steuerverkürzungen durchsucht werden. Eine Ausforschungsdurchsuchung ist auf jeden Fall unzulässig (m.w.N. zur Rspr. s. § 404 Rz. 215 f., 249).
Rz. 1017
Das BVerfG hat die weitreichenden Durchsuchungen der StA und Steufa in den Bankenfällen jedoch für rechtens erachtet. Ein Verdacht der Beihilfe von Mitarbeitern zur Steuerhinterziehung ihrer Kunden folge aus den systematischen illegalen Geldtransfers auf ausländische Konten.
Rz. 1018
Unabdingbare Voraussetzung für den Ermittlungsbeginn ist aber das Vorliegen eines konkreten Tatverdachts gegen Bankkunden bzw. Mitarbeiter der Bank hinsichtlich einer Steuerhinterziehung bzw. der Beteiligung daran. In gleicher Weise rechtswidrig wären strafrechtliche Ermittlungen gegen Bankangestellte, wenn sie nur zum Schein eingeleitet würden, um auf diese Weise Zugriff auf sämtliche Kontounterlagen zu erlangen und damit noch unbekannten Steuerhinterziehern auf ...