Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Schrifttum:
Bülte, Ne bis in idem bei Schwarzarbeit und Nettolohnbarauszahlungen: Zum Strafklageverbrauch bei Nichtabführung von Sozialversicherungsabgaben nach Einstellung des Steuerstrafverfahrens, NZWiSt 2017, 49 ff.; Buse, Zuständigkeit der Finanzkontrolle Schwarzarbeit zur Verfolgung von Steuerstraftaten, AO-StB 2007, 80; Dusch, Vermischung von Steufa und BuStra als rechtswidrige Konstruktion? – Zur behaupteten Rechtswidrigkeit von Mischsachgebieten in der Finanzverwaltung, wistra 2013, 129; Frenkel, Die Gemeinsamen Strafsachenstellen der Finanzämter, DStZ/A 1962, 26; Hentschel, Staatsanwalt und Polizist in Personalunion? – Zur Abschaffung fundamentaler Prinzipien des Strafverfahrensrechts bei der Verfolgung von Steuerstrafsachen, NJW 2006, 2300; Hunsmann, Verstöße gegen das Steuerberatungsgesetz und ihre Ahndung, StBW 2014, 74; Kaligin, Rechtswidrige Strukturen im finanzbehördlichen Steuerstrafverfahren, Stbg 2010, 126; Mössmer/Moosburger, Gesetzliche oder gefühlte Ermittlungskompetenz der FKS-Dienststellen in Steuerstrafsachen, wistra 2007, 55; Moosburger, Bekämpfung der Schwarzarbeit – Neues Gesetz – Neue Chance? – Ein Fazit aus der Praxis, ZfZ 2004, 407; Pfaff, Aufgabengebiete der BuStra-Stelle und der Steufa-Stelle – Zusammenarbeit mit Dienststellen und Behörden, StBp 1982, 249; Rolletschke, Die finanzbehördlichen Strafverfolgungsorgane, Stbg 2006, 379; Schmidt, Die Ermittlungskompetenz der Hauptzollämter bei der Verfolgung von Abgabenstraftaten im Bereich der EG-Agrarmarktordnung, ZfZ 1990, 104; Streck, Das Recht des Verhältnisses von Steuer- und Steuerstrafverfahren, in Kohlmann (Hrsg.), Strafverfolgung und Strafverteidigung im Steuerstrafrecht, DStJG 6 (1983), S. 217 ff.; Webel, Staatsanwalt und Polizist in Personalunion, AO-StB 2007, 137; Webel, Angriff auf Behördenstruktur: Einheitssachgebiete rechtswidrig?, PStR 2012, 201; Wegner, Zoll-BuStra verschiebt die Koordinaten im Steuerstrafverfahren, PStR 2020, 82; Wenzler, Zur Zuständigkeit des Hauptzollamts nach § 23 Abs. 3 AO, AO-StB 2008, 222; Weyand, Zur Beantragung richterlicher Untersuchungshandlungen durch die Finanzbehörde, DStZ 1988, 191.
Ergänzender Hinweis: Nr. 23 AStBV (St) 2023 (s. AStBV Rz. 23); S 8 DA-KG 2023 (hier in Band III abgedruckt).
A. Allgemeines
I. Zur Entstehungsgeschichte
Rz. 1
Die Vorschrift des § 387 AO entspricht inhaltlich dem § 422 RAO i.d.F. des AO-StrafÄndG 1967. Mit der AO 1977 wurden in Abs. 1 die Worte "oder das bei ihrer Verwaltung durch die Oberfinanzdirektion Hilfe leistet" weggelassen. Das trug dem Umstand Rechnung, dass die OFD als Bundesbehörde sich bei der ihr aufgrund früheren Rechts (Art. 108 Abs. 1 Satz 1 GG a.F.) zustehenden Verwaltung der Umsatz- und Beförderungsteuer (§ 9 FVG a.F.) von den FÄ als Landes-FinB unterstützen lassen konnte. Dies war nach der Neuregelung durch das FinanzreformG vom 12.5.1969 und der Neufassung des FVG durch Art. 5 FinAnpG vom 30.8.1971 gegenstandslos geworden.
§ 387 Abs. 2 AO entspricht § 422 Abs. 2 RAO; lediglich der Begriff "Finanzamt" wurde durch "Finanzbehörde" ersetzt (s. auch § 386 Rz. 2, 31).
Durch Art. 5 Nr. 3 des Gesetzes zur Neuorganisation der Zollverwaltung vom 3.12.2015, in Kraft seit dem 1.1.2016, wurde nach § 387 Abs. 2 Satz 3 AO ein neuer Satz 4 eingefügt (s. Rz. 38). Der bisherige Satz 4 wurde Satz 5. Hintergrund ist die Einrichtung einer Generalzolldirektion als neue Bundesoberbehörde mit Sitz in Bonn zum 1.1.2016.
II. Zweck und Bedeutung
Rz. 2
§ 387 AO bestimmt (allein) die sachliche Zuständigkeit der nach § 386 Abs. 1 AO funktionell zuständigen FinB zur Verfolgung von Steuerstraftaten, also welcher Zweig der Finanzverwaltung die strafrechtlichen Ermittlungsbefugnisse der §§ 386, 399 AO wahrzunehmen hat. Die örtliche Zuständigkeit der jeweiligen FinB ergibt sich (erst) aus §§ 388, 389 AO. § 390 AO befasst sich mit der mehrfachen (sachlichen oder örtlichen) Zuständigkeit im Steuerstrafverfahren.
Rz. 3
Eine Auseinandersetzung mit den §§ 387–390 AO setzt deshalb jeweils die Beantwortung der Frage voraus, ob die FinB überhaupt befugt ist, die Ermittlungen wegen des Verdachts einer Steuerstraftat gem. § 386 AO durchzuführen (zu den Grenzen s. Rz. 57 ff. sowie § 385 Rz. 74, 95 f.; § 386 Rz. 89 ff.). Nur wenn dies feststeht, stellt sich das Problem der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit der verschiedenen FinB.
Rz. 4
Der Begriff "Finanzbehörde" ist identisch mit der Legaldefinition des § 386 Abs. 1 Satz 2 AO (s. § 386 Rz. 31 ff.), also auch anders als der in § 6 AO geregelte Begriff der FinB. Zu der Verwaltungszuständigkeit der HZÄ/ZFÄ einerseits bzw. der FÄ andererseits s. Rz. 9, 12.