I. Gesetzliche Ausschlussgründe
1. Überblick
Rz. 156
Die Fälle, in denen ein Verteidiger von der Verteidigung eines Beschuldigten ausgeschlossen ist, sind abschließend in den §§ 138a ff., § 146a i.V.m. § 137 Abs. 1 Satz 2 und § 146 StPO geregelt. Die StPO unterscheidet hierbei zwischen dem gesetzlichen Verteidigerausschluss wegen Überschreitung der zulässigen Anzahl der Verteidiger (§ 137 Abs. 1 Satz 2 StPO) und dem Verbot der Mehrfachverteidigung (§ 146 StPO) sowie der gerichtlichen Verteidigerausschließung wegen schwerwiegendem verfahrenswidrigen Verhalten des Verteidigers (§ 138a StPO). Gleichwohl bewirkt das Vorliegen dieser Ausschlussgründe noch nicht von vornherein die Nichtigkeit des Mandatsverhältnisses und aller bereits vorgenommenen Verfahrenshandlungen (vgl. ferner § 146a Abs. 2 StPO). Insoweit bedarf es vielmehr der förmlichen Zurückweisung bei Vorliegen der gesetzlichen Ausschlussgründe (§ 146a StPO) bzw. der gerichtlichen Ausschließung aufgrund des Verteidigerverhaltens (§§ 138c und 138d StPO). Die Regelungen erfassen auch den Pflicht- und Verteidiger aufgrund Genehmigung (§ 138 Abs. 2 StPO), jedoch kann nach nicht unproblematischer Auffassung insoweit statt der Ausschließung ein Widerruf der Bestellung gem. § 143 StPO bzw. Rücknahme der Genehmigung erfolgen.
Rz. 157
Die gem. § 385 Abs. 1 AO auch für das Steuerstrafverfahren geltenden Vorschriften über den Verteidigerausschluss gelten gem. § 410 Abs. 1 AO, § 46 Abs. 1 OWiG auch im Steuerbußgeldverfahren.
Rz. 158– 160
Einstweilen frei.
2. Beschränkung der Verteidigerwahl auf drei Verteidiger (§ 137 Abs. 1 Satz 2 StPO)
Rz. 161
§ 137 Abs. 1 Satz 2 StPO beschränkt die Zahl der vom Beschuldigten wählbaren (!) Verteidiger auf drei. Auch der nach § 138 Abs. 2 StPO zugelassene Verteidiger (s. Rz. 126) zählt mit. Die Norm soll verhindern, dass das Verfahren durch die Mitwirkung einer Vielzahl von Verteidigern verschleppt oder vereitelt wird; sollte diese Überlegung tatsächlich zutreffen, erschließt sich allerdings nicht, warum nach h.M. nur die Anzahl der Wahl-, nicht aber der Pflichtverteidiger zahlenmäßig begrenzt wird. Tatsächlich kommt in dieser Differenzierung aus den Zeiten der RAF-Prozesse ein Misstrauen in die Institution des Wahlverteidigers zum Ausdruck.
Rz. 162
Die Beschränkung der Zahl der Wahlverteidiger auf drei wirkt sich vor allem im Steuerstrafverfahren ungünstig aus. Die Vorbereitung auf die Verteidigung erfordert es hier häufig, umfangreiche Akten aus dem Steuerfestsetzungsverfahren und aus dem Steuerstrafverfahren durchzuarbeiten und die maßgeblichen Vorgänge bei Ausübung der Verteidigung zu kennen. Gerade in größeren Verfahren können drei Verteidiger hierbei auch bei Arbeitsteilung bereits überfordert sein. Im Steuerstrafverfahren sind der Aufgabenteilung Grenzen gesetzt. Die Beurteilung der steuerrechtlichen Seite wird regelmäßig der Steuerberater etc. übernehmen, während die Betreuung der strafrechtlichen oder strafprozessualen Seite der Verteidigung dem Rechtsanwalt etc. obliegt (§ 392 Abs. 1 Halbs. 2 AO). Der Beschuldigte kann dann nur noch einen weiteren Verteidiger wählen. Wählt er einen dritten Verteidiger aus dem Kreis der Steuerberater etc., muss der Rechtsanwalt etc. die strafrechtliche und strafprozessuale Seite des Verfahrens allein betreuen und ist damit in umfangreichen Strafsachen mit absehbar vielen Hauptverhandlungsterminen ggf. überfordert. Wählt der Beschuldigte einen weiteren Rechtsanwalt etc. als Verteidiger, liegt der steuerrechtliche Komplex allein in den Händen eines Steuerberaters etc., der damit in Umfangsverfahren ebenfalls überfordert sein wird.
Rz. 163
In Konsequenz dessen ist es dem Beschuldigten jedoch nicht verwehrt, gleichwohl mehr als drei Rechtsanwälte etc. oder Steuerberater etc., mit seiner "Verteidigung" zu beauftragen, wobei die über drei hinausgehenden Rechtsanwälte etc. oder Steuerberater etc. dann aber nur intern, nicht aber gegenüber der Ermittlungsbehörde bzw. dem Gericht als Verteidiger mit den diesen zustehenden Rechten tätig werden können (vgl. Rz. 761 ff., 764).
Rz. 164
Zudem besteht die Möglichkeit einer Unterbevollmächtigung. Zwar zählen bei der Berechnung nicht nur die drei gewählten hauptbevollmächtigten Verteidiger, sondern auch neben dem Hauptbevollmächtigten tätige Unterbevollmächtigte. Dies gilt aber nicht für anstelle des Hauptverteidigers auftretende Unterbevollmächtigte.
Rz. 165
Bei der Bevollmächtigung einer Anwaltssozietät gilt grds. jedes Mitglied als bevollmächtigt.