1. Überblick
Rz. 61
Abweichend von § 138 Abs. 1 StPO können im Steuerstrafverfahren nach § 392 Abs. 1 AO auch Angehörige steuerberatender Berufe, also Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer (hier: Steuerberater etc. genannt) zu Verteidigern gewählt werden, soweit die FinB das Verfahren nach § 386 Abs. 2 AO selbständig führt (= Ermittlungsverfahren); die Regelung gilt gem. § 410 Abs. 1 AO für das Steuerordnungswidrigkeitenverfahren entsprechend. Gewählt werden kann der einzelne Steuerberater etc., nicht jedoch Steuerberatungs-, Wirtschaftsprüfungs- und Buchprüfungsgesellschaften. Diese dürfen zwar gem. § 1 Abs. 2 i.V.m. §§ 2, 3 StBerG auch Hilfe in Steuerstrafsachen leisten und sind auch im Besteuerungsverfahren und im finanzgerichtlichen Verfahren vertretungsbefugt, können aber als juristische Personen/Personenvereinigungen nicht Strafverteidiger sein. Der gewählte Steuerberater etc. hat hingegen im finanzbehördlich geführten Ermittlungsverfahren die gleichen Rechte wie ein Rechtsanwalt. Im Übrigen (= im staatsanwaltschaftlich geführten Ermittlungsverfahren und gerichtlichen Strafverfahren) kann er die Verteidigung nur in Gemeinschaft mit einem Rechtsanwalt oder einem Rechtslehrer an einer (Fach-)Hochschule führen, sofern nicht das Gericht die Alleinverteidigung genehmigt (§ 392 Abs. 2 AO i.V.m. § 138 Abs. 2 StPO, s. Rz. 81 ff.).
Rz. 62
Ob die Bestellung eines Steuerberaters etc. – gar des in der Vergangenheit für den Beschuldigten tätigen Steuerberaters – sinnvoll ist, ist in vielen Konstellationen höchst zweifelhaft (s. Rz. 746 f., 771 ff.).
Rz. 63– 65
Einstweilen frei.
2. Alleinverteidigung (§ 392 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AO)
a) Selbständiges Ermittlungsverfahren der FinB
Rz. 66
Die Angehörigen der steuerberatenden Berufe können gem. § 392 Abs. 1 Satz 1 AO ohne Genehmigung oder Zulassung durch FinB, StA oder Gericht allein auftreten, soweit die FinB das Strafverfahren selbständig (§ 386 Abs. 2, § 406 AO) durchführt.
Rz. 67
Die Befugnis zur Alleinverteidigung durch Berufsangehörige besteht danach im selbständigen Ermittlungsverfahren der FinB nach § 386 Abs. 2 AO, wenn die Tat
Zur (Mit-)Verteidigungsbefugnis bei sog. Zusammenhangstaten (Steuer- und Allgemeindelikte als prozessuale Tat), bei denen das Ermittlungsverfahren von der StA geführt wird, s. Rz. 94 ff.
Rz. 68
Sollte eine Kompetenzüberschreitung der FinB zur selbständigen Führung der Ermittlungen vorliegen (s. dazu auch § 386 Rz. 181 ff.), darf dies aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht zum Nachteil des Beschuldigten gereichen. Soweit es für ihn günstiger ist, gilt er daher als nicht ordnungsgemäß verteidigt.
Rz. 69
Die Befugnis zur Alleinverteidigung durch steuerliche Berater beginnt, sobald die FinB das Verfahren i.S.v. § 397 Abs. 1 AO einleitet oder eine solche Einleitung befürchtet wird (s. § 397 Rz. 17 ff.). Sie endet, sobald die Strafverfolgungskompetenz von der FinB auf die StA übergegangen ist, also wenn
- der Steuerstrafvorwurf entfällt (z.B. Einstellung gem. § 170 Abs. 2, § 154 oder § 154a StPO) und nur noch wegen einer Begleittat (s. Rz. 67) ermittelt wird,
- die FinB nach Abschluss der Ermittlungen die Akten der StA zwecks weiterer Veranlassung vorgelegt hat (§ 400 Halbs. 2 AO),
- wegen der Tat ein Haftbefehl oder Unterbringungsbefehl erlassen worden ist (§ 386 Abs. 3 AO) oder
- die FinB die Strafsache noch während der Ermittlungen an die StA abgegeben oder die Letztere die Sache an sich gezogen hat (§ 386 Abs. 4 Satz 1 AO). Die Befugnis zur Alleinverteidigung lebt hier wieder auf, wenn die Sache an die FinB nach § 386 Abs. 4 Satz 2 AO zurückgegeben wird. Ein solcher Fall der Übertragung an die StA kann auch bereits im Zusammenhang mit der Beurteilung der Wirksamkeit einer Selbstanzeige eintreten.
Ab diesem Zeitpunkt können die Steuerberater etc. die Verteidigung nur noch in Gemeinschaft mit einem Rechtsanwalt oder (Fach-)Hochschullehrer (s. Rz. 91 ff.) oder qua richterlicher Genehmigung (Rz. 81 ff.) fortführen.
Rz. 70
Die dargestellten Regeln gelten gem. § 410 Abs. 1 StPO entsp...