I. Entstehungsgeschichte
Rz. 1
§ 398a AO wurde im Jahr 2011 durch das Schwarzgeldbekämpfungsgesetz eingeführt. Ausdrückliches Ziel der Regelung ist, den Steuerhinterzieher wirtschaftlich stärker zu belasten als den säumigen Stpfl. Die Einführung der Norm erschließt sich nur im Zusammenhang mit der im Jahr 2011 gleichzeitig erfolgten Einführung des Sperrgrundes des § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AO (s. § 371 Rz. 773 ff.). Dieser sieht eine Betragsgrenze (ursprünglich in Höhe von 50.000 EUR, seit dem 1.1.2015 in Höhe von 25.000 EUR) vor, bei deren Überschreiten durch eine Selbstanzeige keine Straffreiheit mehr erlangt werden kann. Da die Finanzverwaltung zur Aufdeckung verborgener Steuerquellen, aber auch in jenen Fällen, in denen die Betragsgrenze des § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AO überschritten wird, auf die Mitwirkung der Stpfl. angewiesen ist, wird nach § 398a AO von der Verfolgung der Steuerstraftat abgesehen, wenn der an der Tat Beteiligte innerhalb einer ihm bestimmten angemessenen Frist neben der Entrichtung der zu seinen Gunsten hinterzogenen Steuern sowie der Hinterziehungszinsen nach § 235 AO und der Zinsen nach § 233a AO, soweit sie auf die Hinterziehungszinsen nach § 235 Abs. 4 AO angerechnet werden, einen zusätzlichen Geldbetrag zugunsten der Staatskasse zahlt. Der Geldbetrag nach § 398a AO betrug zunächst 5 % der hinterzogenen Steuer.
Rz. 2
§ 398a AO wurde mit Wirkung zum 1.1.2015 durch das Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung vom 22.12.2014 neu gefasst. Durch die Gesetzesänderung wurde insb. die Höhe des Geldbetrags auf 10–20 % der hinterzogenen Steuer deutlich angehoben und eine Staffelung des zu zahlenden Geldbetrags eingeführt. Ferner wurde der zum 1.1.2015 neu eingeführte Sperrgrund des § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AO (s. § 371 Rz. 782 ff.) in den Anwendungsbereich des § 398a AO aufgenommen. Durch die Ersetzung des Begriffs des "Täters" durch den des "an der Tat Beteiligten" wurde die persönliche Reichweite des § 398a AO klargestellt. Daneben wurde in Abs. 3 die Möglichkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens kodifiziert.
Das FinMin. NW hat mit Datum vom 26.1.2015 einen ersten Erlass zu §§ 371, 398a AO veröffentlicht. In zunächst nicht veröffentlichten Handlungsanweisungen mit Datum vom 12.1.2016 hat das FinMin. NW den Erlass vom 26.1.2015 ergänzt und zum Teil abgeändert. Diese Handlungsanweisungen beruhten auf einem unveröffentlichtem Positionspapier des BMF zu Einzelfragen zu §§ 371, 398a AO. In dem neuen, veröffentlichten Anwendungserlass vom 12.1.2016 hat das FinMin. NW zu den offenen Fragen Stellung genommen und die Punkte aus dem Positionspapier umgesetzt.
II. Zeitliche Geltung
Rz. 3
Das Schwarzgeldbekämpfungsgesetz trat am 3.5.2011 in Kraft, so dass § 398a AO a.F. erstmals Anwendung auf Selbstanzeigen fand, die nach dem 2.5.2011 bei der Finanzverwaltung eingegangen sind.
Die Neufassung des § 398a AO findet in zeitlicher Hinsicht auf Selbstanzeigen Anwendung, die nach dem 31.12.2014 bei der Finanzverwaltung eingegangen sind. Selbstanzeigen, die vor dem 1.1.2015 abgegeben worden sind, sind dagegen weiterhin nach der günstigeren Regelung des § 398a AO a.F. zu beurteilen.
III. Rechtsnatur
Rz. 4
Die Rechtsnatur des zu zahlenden Geldbetrags bleibt auch nach der Neufassung des § 398a AO unklar. In den Gesetzesmaterialien des Schwarzgeldbekämpfungsgesetzes wird § 398a AO ohne nähere Konkretisierung als "freiwillige Zahlung" bezeichnet. In der Literatur werden verfassungsrechtliche Bedenken gegen einen solch generellen "Zuschlag" geäußert. Strafcharakter ist dem Geldbetrag letztlich nicht beizumessen, da er, zumindest formal betrachtet, freiwillig ist, indem es dem Täter freisteht, ob er eine Verfahrenseinstellung gegen Zahlung des Geldbetrags erlangen will. Ebenso stellen auch Geldauflagen nach § 153a StPO, die dem § 398a AO ausdrücklich nachempfunden sind, keine Strafe dar. Bei § 153a StPO handelt es sich um ein Beendigungsverfahren mit Selbstunterwerfung, wobei die Auflagen den Charakter besonderer nichtstrafrechtlicher Sanktionen haben. Der Geldbetrag nach § 398a AO ist daher entsprechend dem Wesen des § 153a StPO als besondere nicht strafrechtliche Sanktion zu qualifizieren. Das FinMin. NW ist der Ansicht, dass es sich bei § 398a AO um eine strafprozessuale Einstellungsvorschrift handelt.
Rz. 5
Danach besteht keine Rechtspflicht zur Zahlung des Geldbetrags nach § 398a AO. Vielmehr kann der an der Ta...