Rz. 450
Um der Gefahr entgegenzuwirken, dass bereits vor Abschluss des Ermittlungsverfahrens Vermögensgegenstände beiseite geschafft werden, sieht die StPO – wie auch die AO in §§ 324 ff. AO – bereits im Ermittlungsverfahren einstweilige Maßnahmen zur Sicherstellung von Vermögenswerten vor. In der Praxis ist auch vom "Haftbefehl fürs Geld" die Rede. Angesichts der geltenden Unschuldsvermutung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens und vor dem Hintergrund der weitreichenden wirtschaftlichen Folgen ist bei der Beantragung und bei dem Erlass entsprechender Arrestbeschlüsse besondere Sorgfalt und Zurückhaltung geboten. In jedem Fall dürfte im Steuerstrafrecht zu fragen sein, warum strafprozessuale Sicherungsmaßnahmen erforderlich sind, wenn der Fiskus als Verletzter nicht von den ihm originär zustehenden steuerlichen Möglichkeiten Gebrauch macht. Dem Umstand, dass der Fiskus über eigene Sicherungsmöglichkeiten verfügt und Rechtsmittel gegen Steuerbescheide die Zahlungsverpflichtung nicht suspendieren (§ 361 Abs. 1 Satz 1 AO), wird immer noch zu wenig Rechnung getragen.
Rz. 451
Ein strafprozessualer Arrest scheidet nach hier vertretener Ansicht aus, ist aber in jedem Fall aufzuheben, wenn der Steuerpflichtige im Besteuerungsverfahren erfolgreich die Aussetzung der Vollziehung wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Steuerbescheide erreicht hat (§ 361 Abs. 2 Satz 2 AO). Die Aussetzung der Vollziehung ist bereits aufgrund noch nicht vollständig erfolgter Mitteilung der Besteuerungsgrundlagen i.S.d. § 364 AO gerechtfertigt.
Rz. 452
Insbesondere in den praxisrelevanten Schätzungsfällen muss das Finanzamt – auch im summarischen Verfahren – ausreichend Belege vorlegen, die Zweifel an einer Schätzungsbefugnis des Finanzamts ausräumen und die Schätzung der Höhe nach durch die Offenlegung einer nachvollziehbaren Kalkulation substantiieren. Dafür müssen sowohl die verwendeten Ausgangszahlen (in der Regel die Buchungskonten) als auch der Kalkulationsweg nachvollziehbar dargestellt werden, damit das FG in die Lage versetzt wird, seine eigene Schätzungsbefugnis auszuüben. Hieran fehlt es meist.
Rz. 453
Voraussetzung jeder Sicherungsanordnung ist die auf Tatsachen beruhende Annahme, dass im späteren gerichtlichen Verfahren eine Einziehung ausgesprochen wird. Auf diese Weise wird der staatliche Anspruch auf Einziehung des Ertrages aus der rechtswidrigen Tat oder auf Einziehung eines Geldbetrages in Höhe des Wertes des Tatbeitrages gesichert. Die Einziehungsanordnung wird nach den §§ 73 ff. StGB getroffen. Die Sicherung des Tatbeitrages wird nach § 111b StPO bewirkt, d.h. der entsprechende Gegenstand wird beschlagnahmt. Zur Sicherung der Einziehung des Wertes des Tatbeitrages ergeht im Ermittlungsverfahren ein Vermögensarrest nach § 111e StPO. Sämtliche Maßnahmen unterliegen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, so dass ihre Anordnung stets ein Sicherungsbedürfnis voraussetzt. Die Anordnung liegt grundsätzlich im freien Ermessen, nur im Falle dringender Gründe für eine spätere Einziehung von Wertersatz "soll" eine vorläufige Sicherstellung oder Arrestierung erfolgen.