a) Zuständigkeit und Form
Rz. 975
Nach dem EuRHÜbK 1978 sind Ersuchen grundsätzlich von Justizbehörden zu stellen. In der deutschen Erklärung zu Art. 24 EuRHÜbK 1978 sind dabei die Staatsanwaltschaften als Justizbehörden aufgeführt. Die FinB und die nachgeordneten Straf- und Bußgeldsachenstellen sind nur im Rahmen von Nr. 127 RiVASt zuständig. Hält die FinB die Stellung eines Rechtshilfeersuchens für erforderlich, muss sie sich an die zuständige Staatsanwaltschaft wenden. Ermittelt die FinB im Steuerstrafverfahren, kann sie Ersuchen auf der Grundlage bilateraler Verträge aber dann selbst stellen, wenn sie in dem betreffenden Vertrag als berechtigte Behörde benannt ist (§ 386 Abs. 2, § 399 Abs. 1 AO, Nr. 127 RiVASt), wie dies etwa mit Kanada der Fall ist. eine Abgabe des Verfahrens nach § 386 Abs. 4 AO oder die Bitte der FinB an die Staatsanwaltschaft, für sie im Wege innerstaatlicher Amtshilfe ein entsprechendes Rechtshilfeersuchen zu stellen, ist grds. nicht mehr erforderlich.
Bei Zweifeln, ob ein ausländischer Staat um Rechtshilfe ersucht werden soll, z.B. weil die deutschen Behörden einem entsprechenden ausländischen Ersuchen nicht stattgeben würden, ist gem. Nr. 25 Abs. 2 RiVASt der obersten Justiz- oder Verwaltungsbehörde zu berichten oder ihr das Ersuchen vorzulegen.
Rz. 976
Die Stellung eines Rechtshilfeersuchens ist eine Formalangelegenheit, und in der Praxis wird auf die Einhaltung der Formalitäten schon wegen der Außenwirkung größter Wert gelegt.
Rz. 977
Muster zur Abfassung von Rechtshilfeersuchen findet sich in den RiVASt sowie in der Anlage zum BMF-Schreiben vom 16.11.2006 "Zwischenstaatliche Rechtshilfe in Steuerstrafsachen". Ein Ersuchen hat dabei stets die Angabe der ersuchenden Behörde, den Gegenstand und Grund des Ersuchens, die Identität des Beschuldigten sowie die Bezeichnung der Straftat oder Ordnungswidrigkeit und eine geordnete und nachvollziehbare Sachverhaltsdarstellung zu enthalten (vgl. Art. 14 EuRHÜbK 1978). Auf etwaige bestehende innerstaatliche Beweiserhebungsverbote, insb. Aussage-, Zeugnis-, Auskunftsverweigerungsrechte und Beschlagnahmeverbote (§§ 52 ff., 97, 136 Abs. 1, § 160a StPO) ist in der Regel unter Beifügung einer Ablichtung der jeweiligen Norm hinzuweisen. Gegebenenfalls zu fertigende Übersetzungen müssen den die Richtigkeit der Übersetzung bestätigenden Vermerk und ggf. Stempel eines amtlich bestellten oder vereidigten Übersetzers/Dolmetschers tragen,
Rz. 978
Die wichtigsten Instrumente der Beweisrechtshilfe auf europäischer Ebene werden zukünftig die sog. "Schwedische Initiative" (Rz. 979) und die Europäische Ermittlungsanordnung (EEA; Rz. 1013) sein. Beide Instrumente stellen gegenüber der klassischen Rechtshilfe das effektivere Mittel dar, wird doch den Strafverfolgungsbehörden ermöglicht, nahezu unmittelbar und direkt miteinander zusammenzuarbeiten.
b) Schwedische Initiative
aa) Einführung
Rz. 979
Der auf eine Initiative Schwedens zurückgehende Rahmenbeschluss ist der erste vom Rat verabschiedete Rechtsakt zur Umsetzung des sog. Grundsatzes der Verfügbarkeit. Der Grundsatz der Verfügbarkeit besagt, dass unionsweit Strafverfolgungsbeamte in einem Mitgliedstaat, die für die Erfüllung ihrer Aufgaben Informationen benötigen, diese aus einem anderen Mitgliedstaat erhalten können und dass die Strafverfolgungsbehörde in dem anderen Mitgliedstaat, die über diese Informationen verfügt, sie – unter Berücksichtigung des Erfordernisses in diesem Staat anhängiger Ermittlungen – für den erklärten Zweck bereitstellt. Grundsätzlich soll es keinen Unterschied mehr zwischen innerstaatlichen und europäischen Strafverfolgungsbehörden machen, wenn es darum geht, bei den Strafverfolgungsbehörden vorhandene oder verfügbare Informationen zur Verfügung zu stellen.
Rz. 980
Die sog. Schwedische Initiative geht zurück auf den Rahmenbeschluss 2006/960 JI des Rates vom 18.12.2006 über die Vereinfachung des Austauschs von Informationen und Erkenntnissen zwischen den Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten der EU (RbDatA). Der Rahmenbeschluss fand seine Umsetzung in § 92 IRG, den §§ 117a, 117b AO und weiteren Vorschriften, was die Bereitstellung von Informationen an Mitgliedstaaten bei sog. eingehenden Ersuchen betrifft. Die in dem Rahmenbeschluss niedergelegten Anforderungen gelten jedoch auch für ausgehende Ersuchen inländischer Behörden. Rechtsgrundlage für die Übermittlung ist in diesen Fällen die gleichlautende ausländische Vorschrift, ebenfalls basierend auf dem RbDatA.
Rz. 981
Der a...