a) Einführung
Rz. 187
Als Durchsuchungsobjekte kommen Räume und Wohnungen in Betracht, die der Verdächtige oder Dritte innehat. Die Befugnis zur Nutzung ist unbeachtlich. Dazu gehören Arbeits-, Betriebs- und Geschäftszimmer, Bankschließfächer. Auch Räume in einem Dienst- oder Bürogebäude (Mietbüros) können erfasst sein. Ferner können die Person des Verdächtigen und seine Kleidung durchsucht werden; ebenso ihm gehörige oder von ihm genutzte Kraftfahrzeuge etc.
b) Durchsuchung der Beraterkanzlei
Rz. 188
Richtet sich eine strafrechtliche Ermittlungsmaßnahme gegen einen Berufsgeheimnisträger in der räumlichen Sphäre seiner Berufsausübung, so muss sowohl das Ausmaß der Beeinträchtigung der beruflichen Tätigkeit des Rechtsanwalts (Art. 12 Abs. 1 GG) als auch der Schutz der Vertrauensbeziehung zwischen Anwalt und Mandant bei der Angemessenheitsprüfung berücksichtigt werden (zum Ganzen auch § 385 Rz. 952 ff.). Mit Art. 13 Abs. 1 GG ist es nach Ansicht des BVerfG unvereinbar, Kanzleiräume von Rechtsanwälten auf der Grundlage von § 103 StPO zu durchsuchen, um Unterlagen über die Beratung von Mandanten, die mit dem Ermittlungsverfahren in keinem Zusammenhang stehen, zu erhalten und hieraus Rückschlüsse auf den Inhalt einer steuerrechtlichen Beratung des Beschuldigten zu ziehen.
Rz. 189
So darf eine Rechtsanwalts- oder Steuerberaterkanzlei nicht ohne weiteres zur flächendeckenden Aufklärung, etwa wie dort Mandanten hinsichtlich bestimmter steuerrechtlicher Fragestellungen beraten werden, durchsucht werden. Zulässig ist dies nur dann, wenn und soweit sich das steuerstrafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen in der Kanzlei tätige Berufsträger richtet, hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine flächendeckende Beteiligung an Straftaten der Mandanten vorliegen und auch die weiteren Voraussetzungen für eine Durchsuchung beim beschuldigten Berufsgeheimnisträger gegeben sind.
Beispiel
Die steuerzentrierte Kanzlei XYZ ist bekannt für aggressive Steuergestaltungsmodelle und steht im Verdacht, Mandanten zur Gründung ausländischer Basisgesellschaften zu animieren. Dies geschieht mit dem Wissen, dass es sich lediglich um eine Briefkastengesellschaft handelt. Um die gewünschten steuerlichen Auswirkungen zu erreichen und entsprechend zu dokumentieren, unterhält die Kanzlei über einen Strohmann eine Bürorepräsentanz vor Ort.
Rz. 190
Richtet sich eine strafrechtliche Ermittlungsmaßnahme gegen einen Berufsgeheimnisträger in dessen Räumlichkeiten, bringt dies zudem regelmäßig die Gefahr mit sich, dass unter dem Schutz des Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG stehende Daten von Nichtbeschuldigten, etwa den Mandanten eines Rechtsanwalts, zur Kenntnis der Ermittlungsbehörden gelangen, die die Betroffenen in der Sphäre des Berufsgeheimnisträgers grds. sicher wähnen dürfen. Dadurch werden nicht nur die Grundrechte der Mandanten berührt. Bei der Anwendung strafprozessualer Eingriffsermächtigungen ist zudem das Ausmaß der – mittelbaren – Beeinträchtigung der beruflichen Tätigkeit des Rechtsanwalts (Art. 12 Abs. 1 GG) zu berücksichtigen. Dies bedingt nach zutreffender Ansicht des BVerfG eine besondere Beachtung bei der Prüfung der Angemessenheit der Zwangsmaßnahme.
Rz. 191
Es ist mit Art. 13 Abs. 1 GG zudem nach Ansicht des BVerfG nicht vereinbar, Kanzleiräume von Rechtsanwälten als nichtverdächtige Dritte, die den Beschuldigten nach Auffassung der Ermittlungsbehörde hinsichtlich bestimmter steuerrechtlicher Fragestellungen beraten haben sollen, auf der Grundlage von § 103 StPO zu durchsuchen, um Unterlagen über die Beratung von Mandanten, die mit dem Ermittlungsverfahren in keinem Zusammenhang stehen, zu erhalten und um hieraus Rückschlüsse auf den Inhalt der Beratung des Beschuldigten zu ziehen.
c) Durchsuchung beim Verteidiger
Rz. 192
Siehe § 385 Rz. 995 ff.. Zunächst gelten die obigen Ausführungen entsprechend. Gemäß § 97 Abs. 1 Nr. 1–3 StPO i.V.m. § 53 Nr. 2 StPO sind schriftliche Mitteilungen zwischen Verteidiger und Beschuldigten (Verteidigerpost; solche Mitteilungen sind ausnahmsweise auch beim Mandanten selbst beschlagnahmefrei), Aufzeichnungen über anvertraute oder bekannt gewordene Mitteilungen und Umstände oder andere Gegenstände, die dem Zeugnisverweigerungsrecht unterliegen, beschlagnahmefrei, auch wenn sie von Dritten herrühren. Angelehnt an die Problematik der Sicherstellung von Buchführungsunterlagen stellt sich die Frage, inwieweit beim Verteidiger oder Steuerberater (vgl. § 392 AO) befindliche Bankunterlagen (Vermögensübersichten, Erträgnisaufstellungen) dem Beschlagnahmeverbot des § 97 StPO unterfallen, wenn sie vom Berater selbst angefordert oder diesem vom Mandanten übergeben wurden, etwa mit dem Zweck, eine (strafbefreiende) Nacherklärung (§§ 153, 371 AO) zu fertigen.
Rz. 193
Dienen die Unterlagen der privilegierten Tätigkeit eines Verteidigers/Steuerberaters, kann aus § 97 Abs. 1 Nr. 3 StPO keine Dif...