aa) Allgemeines
Rz. 1095
Die Überwachung der Telekommunikation kommt gem. § 100a Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a, b StPO nur in den Fällen von § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 AO bzw. bei gewerbsmäßigem, gewaltsamem und bandenmäßigem Schmuggel in Betracht. Hauptanwendungsbereiche in der Praxis sind die organisierte, bandenmäßige Umsatzsteuerhinterziehung und Zigarettenschmuggel.
Rz. 1096
Überwacht werden kann Festnetz- und Mobiltelefonie. Die Anordnung hat schriftlich zu erfolgen durch Beschluss des Ermittlungsrichters (§ 100b StPO). Nur bei Gefahr im Verzug kann die Anordnung durch die Staatsanwaltschaft getroffen werden. Der Tatverdacht muss weder dringend noch hinreichend, sondern darf lediglich nicht unerheblich sein. Die Anordnung ist auf drei Monate zu befristen. Die Anordnung gegen Verteidiger und Rechtsanwälte ist grds. unzulässig, es sei denn, es besteht ein sog. Verstrickungsverdacht.
Rz. 1097
Die Anordnung muss folgende Punkte beinhalten:
- soweit möglich, den Namen und die Anschrift des Betroffenen, gegen den sich die Maßnahme richtet,
- die Rufnummer oder eine andere Kennung des zu überwachenden Anschlusses oder des Endgerätes, sofern sich nicht aus bestimmten Tatsachen ergibt, dass diese zugleich einem anderen Endgerät zugeordnet ist,
- Art, Umfang und Dauer der Maßnahme unter Benennung des Endzeitpunkts.
Rz. 1098
Eine Wohnraumüberwachung gem. § 100c StPO kommt hingegen nicht in Betracht. Zu beachten ist jedoch, dass der Katalog in § 100c StPO Straftaten enthält, die teils mit der Verwirklichung von Steuerstraftaten einhergehen (besonders schwerer Fall der Geldwäsche, besonders schwere Fälle der Bestechung, Bildung einer kriminellen Vereinigung).
bb) Überwachung des Fernmeldeverkehrs mittels EEA
Rz. 1099
Vertragliche Regelungen zur grenzüberschreitenden Überwachung des Telefonverkehrs sind selten. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen ergeben sich innerhalb der EU aus dem EU-RhÜbK 2000 bzw. nunmehr aus Art. 30 RL EEA.
Rz. 1100
Die EEA hat gem. Art. 30 Abs. 1 RL EEA folgende Angaben zu enthalten:
- Angaben, die zum Zwecke der Identifizierung der Zielperson der Überwachung erforderlich sind,
- die gewünschte Dauer der Überwachung und
- ausreichende technische Daten, insb. die Zielkennung, damit gewährleistet wird, dass die EEA vollstreckt werden kann
Rz. 1101
Zusätzlich zu den in Art. 11 RL EEA genannten Versagungsgründen kann die Vollstreckung einer EEA versagt werden, wenn die Ermittlungsmaßnahme in einem vergleichbaren innerstaatlichen Fall nicht genehmigt würde. Der Vollstreckungsstaat kann seine Zustimmung von der Erfüllung jeglicher Bedingungen abhängig machen, die in einem vergleichbaren innerstaatlichen Fall zu erfüllen wären.
Rz. 1102
Die Vollstreckung selbst kann durch unmittelbare Übertragung oder Überwachung und Aufzeichnung erfolgen (Art. 30 Abs. 6 RL EEA).
cc) Einziehung und Sicherstellung von Vermögenswerten mittels EEA
Rz. 1103
Zur grenzüberschreitenden Vermögensabschöpfung insgesamt Rz. 1113. Auf europäischer Ebene ist die grenzüberschreitende Sicherstellung von Vermögensgegenständen oder sonstigen Beweismitteln möglich, wenngleich in der Praxis schwierig und bislang eher die Ausnahme. Auch die EEA trifft hierzu keine explizite Aussage. Was den grenzüberschreitenden Arrest in Strafsachen betrifft, wird sich in Zukunft zeigen, inwiefern die EEA herangezogen werden kann. Ausweislich des Wortlauts beziehen sich die vorläufigen Maßnahmen nach der EEA (Art. 32 RL EEA) nur auf Beweismittel. Die Möglichkeit eines Arrestes wurde nicht geregelt.
dd) Ausgehende Ersuchen im Übrigen
Rz. 1104
Auch sonstige ausgehende Ersuchen um Überwachung der Telekommunikation sind zunächst an die gleichen Voraussetzungen geknüpft wie eine Überwachung im Inland. Ein Rechtshilfeersuchen mit dem Ziel der Durchführung einer Telefonüberwachung im Ausland darf nur dann gestellt werden, wenn der Verdacht einer Katalogtat i.S.d. § 100a StPO gegeben ist. Für die Steuerhinterziehung kommt dies nur bei besonders schweren Fällen gem. § 370 Abs. 5 Satz 2 Nr. 5 AO, bei gewerbs- oder bandenmäßigem Schmuggel gem. § 373 AO oder sowie gewerbsmäßiger und bandenmäßiger Steuerhehlerei gem. § 374 Abs. 2 AO in Betracht. Es bedarf in jedem Fall eines entsprechenden Gerichtsbeschlusses. Dies gilt nur dann nicht, wenn Bestandsdaten, etwa aus vorhergegangenen, abgeschlossenen oder gerade durchgeführten Maßnahmen der ausländischen Behörden übersandt werden sollen.
Rz. 1105
Das ausgehende Er...