Rz. 1056
Art. 14 RL EEA normiert, soweit ersichtlich, erstmals und ausdrücklich Rechtsbehelfe; wenngleich bereits über Art. 47 Abs. 1 GRCh gegen den Erlass und die Vollstreckung einer EEA gerichtlicher Rechtsschutz sowohl im Anordnungsstaat als auch im Vollstreckungsstaat zu gewährleisten ist. Die Aufspaltung ist dem Grundsatz der Staatenimmunität geschuldet. Dies kann aufgrund der räumlichen Distanz, ggf. aufgrund fehlender Sprachkenntnisse und u.U. wegen mangelnder Vertrautheit mit der Rechtsordnung des anderen Staates schwierig sein. Der Vorteil besteht indes darin, dass das in dem jeweiligen Staat zuständige Gericht besser mit dem anwendbaren Verfahrensrecht betraut ist. Eine inzidente Prüfung ist zudem nicht ausgeschlossen, etwa im Hinblick auf den Ordre-public-Vorbehalt (§ 73 IRG). Auch eine Plausibilitätsüberprüfung, wie sie teilweise befürwortet wird und tatsächlich nicht ausgeschlossen erscheint, wäre für die deutschen Gerichte wünschenswert. Die Richtlinie lässt dies gleichsam zu.
Rz. 1057
Die Mitgliedstaaten haben gem. Art. 14 Abs. 1 RL EEA dafür Sorge zu tragen, dass gegen die in der RL EEA angegebenen Ermittlungsmaßnahmen gleichwertige Rechtsbehelfe eingelegt werden können, die in einem vergleichbaren innerstaatlichen Fall zur Verfügung stehen. Dies gilt bereits für die Rechtsmittelbelehrung (Art. 14 Abs. 3 RL EEA), entsprechende innerstaatliche Fristen (Art. 13 Abs. 4 RL EEA) sowie eine entsprechende aufschiebende Wirkung (Art. 13 Abs. 6 RL EEA). Dabei gilt ein Suspensiveffekt nur dann, wenn dies in vergleichbaren innerstaatlichen Fällen der Fall wäre. Die sachlichen Gründe für den Erlass der EEA können hingegen nur durch eine Klage im Anordnungsstaat angefochten werden (Art. 13 Abs. 2 RL EEA). Die Garantie der Grundrechte im Vollstreckungsstaat bleibt davon freilich unberührt.
Rz. 1058
Die Rechtsmittel gegen eingehende EEAs sind in § 91i IRG normiert.
Rz. 1059
Nicht nur im Steuerstrafrecht wird zukünftig von Bedeutung sein, dass nach § 91i Abs. 2 IRG die Übermittlung von Beweismitteln an den ersuchenden Mitgliedstaat ausgesetzt werden kann, bis über den Rechtsbehelf entschieden worden ist, der eingelegt wurde, sowohl in dem ersuchenden Mitgliedstaat gegen den Erlass der EEA oder im Geltungsbereich des IRG. Wie lange die Übermittlung der Beweismittel zurückgestellt werden kann, ist nicht geregelt. Das Gericht soll jedoch die Aussetzung befristen können. Andernfalls gilt die Aussetzung bis zum Erlass der Beschwerdeentscheidung. Die Nachteile, welche durch den sofortigen Vollzug drohen, sollen zu berücksichtigen sein, ebenso wie die verfassungsrechtliche Pflicht des Staates, eine funktionstüchtige Strafrechtspflege und bestmögliche Sachverhaltsaufklärung zu gewährleisten. Daneben gilt in besonderem Maße der Beschleunigungsgrundsatz. Was im Sinne der Richtlinie des als schwerer und irreparabler Schaden zu verstehen ist, wird auch in der Gesetzesbegründung nicht näher erläutert. Eine entsprechende Begründungspflicht bei eingehenden Ersuchen ist nicht vorgesehen, um nicht die Möglichkeit zur Ausstellung der Übermittlung von Beweismitteln isoliert anfechtbar zu gestalten. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass mit den innerstaatlichen Möglichkeiten zur Überprüfung der Bewilligungsentscheidung, der Vornahmehandlung oder der sonstigen Leistung der Rechtshilfe ein angemessener Rechtsschutz sichergestellt ist. Im Fall der Beschwerde nach § 304 StPO soll jedoch entsprechend § 307 StPO die aufschiebende Wirkung gerichtlich angeordnet werden können. Nur diese Entscheidung sei dann zu begründen und überprüfbar.
Beispiel
Anlässlich einer durch Frankreich übersandten EEA wurden die Geschäftsräumlichkeiten einer französischen Tochterfirma durchsucht. Daneben wurden auch die Räumlichkeiten des deutschen Steuerberaters durchsucht. Dieser trägt vor, dass ein Teil der beschlagnahmten Unterlagen noch zur Fertigung von Jahresabschlüssen benötigt wird und daher beschlagnahmefrei sei.
Rz. 1060
Im deutschen Recht kommen hinsichtlich der inländischen Maßnahmen (Durchsuchung, Kontenabfrage, Abfrage von Bestandsdaten) insb. die Rechtsbehelfe der StPO in Betracht. Dies sind namentlich der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gem. § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO (auch analog,) sowie Beschwerde gem. § 304 StPO, sofern für die Leistung der Rechtshilfe keine Vornahmehandlung erforderlich ist. Bei einer Auskunft aus einem behördlichen Register soll ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 77 Abs. 1 IRG i.V.m. §§ 22, 23 EGGVG möglich sein.
Rz. 1061
Die sog. Leistungsermächtigung ist nach § 61 Abs. 1 Satz 2 IRG überprüfbar. Ein Anrufungsrecht des Einzelnen besteht nach § 61 Abs. 1 Satz 2 IRG indes lediglich bei Rechtshilfe, die auf Herausgabe gerichtet ist (§ 66 IRG). Daneben greift die sog. Integrationslösung, wonach Personen, die unmittelbar von der Rechtshilfe nach § 66 IRG oder von anderen Formen der sonstigen Rechtshilfe be...