Rz. 1007
Anfragen auf Grundlage der Schwedischen Initiative werden zukünftig für nicht unerhebliche Probleme – vornehmlich im strafprozessualen Bereich – sorgen. Zunächst ist fraglich, wie die Validität und Vollständigkeit der übermittelten Informationen beurteilt werden kann. So reicht allein die nicht näher untermauerte Behauptung einer ausländischen Behörde nicht aus, bei einem Geschäftspartner handele es sich um einen Scheinunternehmer, um die Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung zu versagen. Zu Recht ist daher zu fordern, dass die Auskunft fundiert zu sein hat und ggf. mit Beweismitteln zu unterlegen ist. In keinem Fall kann die bloße Behauptung einer ausländischen Behörde ausreichend sein.
Rz. 1008
Um eine Vermischung von polizeilichen mit justiziellen Kompetenzen zu vermeiden, enthält der RbDatA klare Regelungen über die Verwendung der übermittelten Daten im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens. Der Gesetzgeber hat zwar den durch die Umsetzung des RbDatA zu erwartenden größeren Informationsaustausch mit einer erheblich erweiterten Zahl möglicher Empfänger erkannt und Erschwernisse bei der Kontrolle darüber, was mit den weitergeleiteten Daten geschieht, gesehen. Eine allseits befriedende Lösung wurde jedoch nicht gefunden. Den Staatsanwaltschaften und Gerichten wurde lediglich im Rahmen von § 92 IRG die Möglichkeit gegeben, in Zweifelsfällen die Rechtmäßigkeit des Datenaustauschs sowohl im innerstaatlichen als auch im grenzüberschreitenden Bereich auf Veranlassung der jeweils zuständigen Polizeibehörde vorab zu überprüfen. In diesen Fällen soll die durch § 478 Abs. 1 Satz 1 und 2 StPO bestimmte Kompetenzverteilung eingreifen. Nicht klar ist aber, wann ein Zweifelsfall vorliegt bzw. ob eine Verpflichtung für die Strafverfolgungsbehörden in diesen Fällen besteht. Über § 385 Abs. 1 AO gilt diese Einschränkung auch für die Steufa.
Rz. 1009
Nicht unkritisch zu sehen ist auch, dass Anfragen auf Grundlage der Schwedischen Initiative unter Umgehung der besonderen Förmlichkeiten eines strafrechtlichen Rechtshilfeersuchens und in erster Linie formlos per E-Mail erfolgen; insb. was die sprachliche Abfassung und die sprachliche Genauigkeit des Ersuchens betrifft. Zudem entscheidet über das Ersuchen ein Sachbearbeiter der Strafverfolgungsbehörde, wohingegen ein förmliches strafrechtliches Rechtshilfeersuchen von speziell geschulten, qualifizierten und befähigten Rechtshilfedezernenten der Staatsanwaltschaft abgefasst wird. Anders als bei der steuerlichen Amtshilfe erfolgt das Ersuchen durch eine Strafverfolgungsbehörde, und im Falle zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte könnte sich für die ausländische Behörde eine Veranlassung ergeben, ihrerseits dem Legalitätsprinzip folgend ein Strafverfahren einzuleiten.
Rz. 1010
Bislang nicht geklärt ist, welche Rechtsschutzmöglichkeiten der Betroffene hat, etwa gegen "kleinere Ermittlungen" im Ausland, z.B. wenn eine "Objektabklärung" in eine Begehung der Örtlichkeiten umschlägt. Im Inland wird bei eingehenden Ersuchen fraglich sein, ob solche "kleineren Ermittlungen" noch vom Rahmenbeschluss gedeckt sind. Der RbDatA stellt ausdrücklich keine Verpflichtung zur Informationsgewinnung oder zur Durchführung von Ermittlungsmaßnahmen auf, sondern dient allein der Umsetzung des Grundsatzes der Verfügbarkeit von Informationen. Mag man eine Ortsbegehung noch für unproblematisch erachten, dürfte eine (förmliche) Zeugenbefragung eine Umgehung der Rechtshilfe darstellen.
Rz. 1011
Der Unmittelbarkeitsgrundsatz im Strafverfahren dürfte weniger berührt sein, da dies ein Problem betrifft, was auch strafrechtlichen Rechtshilfeersuchen gemein ist. Im Zweifel sind die ausländischen Beamten zu laden oder im Wege der Videovernehmung (§ 247a StPO) zu vernehmen. Es gilt der Grundsatz, dass es dem Beschuldigten weder zum Vorteil noch zum Nachteil gereichen darf, dass ein Verfahren einen Auslandsbezug aufweist.