1. Einführung
Rz. 270
Siehe § 385 Rz. 372. Gegen die richterliche Beschlagnahmeanordnung, die richterliche Bestätigung nach § 98 Abs. 2 Satz 1 StPO, die Ablehnung des Antrags nach § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO und gegen die Durchsuchungsanordnung ist das Rechtsmittel der Beschwerde (§ 304 StPO) gegeben. Beschwerdeberechtigt sind insb. der Beschuldigte, der letzte Gewahrsamsinhaber oder der Inhaber einer Urkunde, die in Ablichtung zu den Akten genommen wurde. Voraussetzung ist jedoch eine unmittelbare Beschwer, d.h. der Beschuldigte kann nicht die Anordnung der Durchsuchung bei seiner Bank anfechten, jedoch die Beschlagnahme seiner Kontounterlagen. Die Beschwerde ist nicht fristgebunden, sofern der Betroffene noch beschwert ist.
Im Übrigen gelten die allgemeinen Voraussetzungen und Anforderungen. Gegen die umfassende Sicherstellung eines Datenbestands zum Zweck der Durchsicht (§ 110 StPO) kann unter entsprechender Anwendung von § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO vorgegangen werden.
2. Zweckmäßigkeitsüberlegungen
Rz. 271
- Rechtsbehelfe haben grds. keine aufschiebende Wirkung. Eine andauernde Durchsuchung/Beschlagnahme kann nicht gestoppt werden. Bis es zu einer Entscheidung kommt, ist die Maßnahme oft erledigt.
- Eine förmliche Beschwerde wird ohne vorherige Akteneinsicht, die in diesem Stadium regelmäßig nicht gewährt werden wird, kaum Erfolg haben.
- Mitunter kann es ratsam sein, eine fehlerhafte Anordnung bestehen zu lassen (wegen fehlender Verjährungsunterbrechung oder zwecks späterer Geltendmachung von Beweisverwertungsverboten). Bleibt die Beschwerde erfolglos, werden durch die Bestätigung die Weichen für das spätere Verfahren gestellt und die Rechtsansicht der Verfolgungsbehörde zementiert. Siehe auch § 391 Rz. 624 ff.
- Ob Beschwerde einlegt wird, ist stets eine Einzelfrage und es sollte nicht per se oder reflexartig Beschwerde eingelegt werden.
- Steht die Frage der Verjährung von Straftaten im Raum, kann es sich im Einzelfall anbieten, über das Rechtsmittel der Beschwerde eine Klärung vorab herbeizuführen.
3. Akteneinsicht
Rz. 272
Die zumindest teilweise Akteneinsicht kann nicht unter Hinweis auf § 147 StPO (Gefährdung des Untersuchungszwecks) versagt werden, wenn bei dem Beschuldigten durchsucht wurde. Der Rechtsstaatsgedanke gebietet es, dass der von einer strafprozessualen Eingriffsmaßnahme Betroffene noch im gerichtlichen Verfahren über die Rechtmäßigkeit des Eingriffs Gelegenheit erhält, sich in Kenntnis der Entscheidungsgrundlagen gegen die Eingriffsmaßnahme und den zugrunde liegenden Vorwurf zu verteidigen. Gegen die Entscheidung der Staatsanwaltschaft kann die gerichtliche Entscheidung beantragt werden.
Beraterhinweis: Der Berater sollte regelmäßig selbst einen Blick in die beschlagnahmten Beweismittel werfen, insb. wenn daraus im späteren Verfahren etwaige Rückschlüsse gezogen werden. Dies geschieht selbst in großen Verfahren eher selten. Grundsätzlichen haben die Ermittlungsbehörden auch entlastende Umstände zu ermitteln. Eine persönliche Durchsicht der Beweismittel kann jedoch mitunter förderlich sein und der Berater erhält ein allumfassendes Bild von dem Verfahren.
4. Verhaltenshinweise bei Durchsuchungen
Rz. 273
- Keine Panik, Ruhe bewahren, ggf. steuerstrafrechtlich versierten Berater hinzuziehen.
- Bitten, das Erscheinen des Beraters abzuwarten.
- Zu den Tatvorwürfen schweigen.
- Eine "konstruktive" Durchsuchungsatmosphäre schaffen.
- Keine freiwillige Herausgabe, wenngleich Hilfe beim Heraussuchen unschädlich ist.
- Die Durchsuchung aktiv begleiten und schauen, ob die sichergestellten zusammengetragenen Unterlagen vom Durchsuchungsbeschluss erfasst werden.
- Gegebenenfalls Versiegelung der Unterlagen und direkte Vorlage an Ermittlungsrichter verlangen, etwa bei Streit über Beschlagnahmefreiheit.
- Kopien von dringend benötigten Unterlagen fertigen.
- Kontrolle des Sicherstellungsprotokolls.
- Sicherung wichtiger Kontakte bei Mitnahme von Mobiltelefonen.
- Abwägung treffen hinsichtlich Nachfahndung ("Manchmal kommen sie wieder").
- Abstecken von "Minenfeldern" und "offenen Flanken".
- Hinwirken, dass die Durchsuchung au...