Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
1. Verwerfung durch Beschluss
Rz. 195
Zum Ganzen s. die tabellarische Übersicht in Rz. 25.
Rz. 196
Der verspätete oder sonst unzulässige Einspruch muss ohne Anberaumung einer Hauptverhandlung durch Beschluss verworfen werden (§ 411 Abs. 1 Satz 1 StPO), sofern keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (s. Rz. 160) zu gewähren ist.
2. Änderung der Tagessatzhöhe durch Beschluss
Rz. 197
Wird der Einspruch auf die Höhe (nicht die Anzahl!) des Tagessatzes beschränkt (das bietet sich an, wenn im Ermittlungsverfahren das Nettoeinkommen des Angeklagten geschätzt wurde und er seine finanziellen Verhältnisse durch schriftliche Belege nachweisen kann), so kann das Gericht – unter Beachtung des Verschlechterungsverbots (z.B. bei Verbesserung der finanziellen Verhältnisse) – im Beschlussweg über den Einspruch entscheiden, sofern der Angeklagte, sein Verteidiger und die StA zustimmen (§ 411 Abs. 1 Satz 3 StPO, s. auch Rz. 172 f., 179). Der Beschluss kann mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden (§ 411 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 StPO).
Unabhängig davon wird der Strafbefehl mit Ablauf der Einspruchsfrist rechtskräftig.
3. Anberaumung der Hauptverhandlung
a) Allgemeines
Rz. 198
Erachtet der Richter den Einspruch für zulässig, beraumt er Termin zur Hauptverhandlung an (§ 411 Abs. 1 Satz 2 StPO).
b) Verwerfung durch Prozessurteil
Rz. 199
Wird die Unzulässigkeit des Einspruchs erst in diesem Verfahrensstadium bemerkt, ist der Einspruch wegen der inzwischen eingetretenen Rechtskraft in entsprechender Anwendung des § 322 Abs. 1 Satz 2 StPO durch Urteil als unzulässig auf Kosten des Beschuldigten zu verwerfen.
c) Verfahrenseinstellung
Rz. 200
Des Weiteren hat der Richter auch die Möglichkeit, das Verfahren (auch noch kurz vor dem anberaumten Prozesstermin, Beispiel s. Rz. 218) aus Opportunitätsgründen (§ 153 Abs. 2, § 153a Abs. 2 Satz 1 StPO) oder wegen eines inzwischen eingetretenen Verfahrenshindernisses (§ 205 StPO analog) einzustellen.
Will der Richter einzelne Tatteile ausscheiden oder die Strafverfolgung beschränken (s. dazu § 385 Rz. 576), bedarf es der Mitwirkung der FinB (§ 154 Abs. 2, § 154a Abs. 2 StPO i.V.m. § 406 Abs. 1 AO). Sie hat einen entsprechenden Antrag zu stellen bzw. ihre Zustimmung zu erteilen (s. § 406 Rz. 4).
Eine Einstellung des Verfahrens nach § 206a StPO oder in der Hauptverhandlung nach § 260 Abs. 3 StPO hat dann zu erfolgen, wenn die Mängel des Strafbefehls derart schwerwiegend sind, dass ihm nicht einmal mehr die verfahrensbegrenzende Wirkung eines Eröffnungsbeschlusses zuerkannt werden kann und er damit als Verfahrensgrundlage ausscheiden muss (s. Rz. 109 m.w.N.).
d) Entscheidung durch Urteil
Rz. 201
Kommt es zur Durchführung der Hauptverhandlung, schließt diese i.d.R. mit einem sog. Sachurteil, in dem über den strafrechtlichen Vorwurf sachlich-rechtlich entschieden wird. Es steht anderen erstinstanzlichen Urteilen des AG gleich. Stellt sich während der Hauptverhandlung ein Verfahrensmangel oder Verfahrenshindernis heraus, ergeht ein sog. Prozessurteil. Im Fall einer irrigen Annahme der Zulässigkeit des Einspruchs ist das amtsgerichtliche Urteil vom Rechtsmittelgericht aufzuheben und der Einspruch (!) zu verwerfen.