Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Rz. 228
Ein Strafbefehlsantrag nach § 408a StPO ist nur im amtsgerichtlichen Verfahren nach Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 207 StPO) möglich, nicht dagegen in Fällen einer im Rahmen eines bereits vorangegangenen Strafbefehlsverfahrens nach § 408 Abs. 3 Satz 2 StPO oder nach Einspruchseinlegung gem. § 411 Abs. 1 Satz 2 StPO anberaumten Hauptverhandlung. Die StA kann einen Strafbefehlsantrag nach § 408a StPO sowohl vor als auch in einer Hauptverhandlung oder nach einer ausgesetzten Hauptverhandlung stellen.
Rz. 229
Gemäß § 408a Abs. 1 Satz 1 StPO müssen zunächst die Voraussetzungen des § 407 Abs. 1 Satz 1 und 2 StPO vorliegen (s. Rz. 33, 41 ff.). Was die allgemeine Eignung der Sache zur Erledigung im Strafbefehlsverfahren anbelangt, muss sich diese entweder aus einer nachträglichen Änderung der Sach- und Rechtslage ergeben oder auf einer ursprünglich rechtsirrig verneinten und nunmehr korrigierten Beurteilung beruhen, da die StA andernfalls bereits bei Abschluss der Ermittlungen zur Stellung eines Strafbefehlsantrags verpflichtet gewesen wäre.
Eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage kann sich etwa ergeben aus nachträglichen Erkenntnissen aufgrund zwischenzeitlich gerichtlich angeordneter Ermittlungen oder aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme einer bereits teilweise durchgeführten Hauptverhandlung.
Beispiel
Die zunächst angenommene Höhe der hinterzogenen Steuer erweist sich im Nachhinein als viel geringer.
Rz. 230
Des Weiteren setzt der Strafbefehlsantrag des § 408a Abs. 1 Satz 1 StPO einen der Durchführung einer Hauptverhandlung entgegenstehenden wichtigen Grund voraus, so dass eine Erledigung nach § 408a StPO nicht aus Gründen bloßer Arbeitsersparnis oder Verfahrensabkürzung oder wegen eines sonstigen beliebigen Umstands, der der Durchführung einer Hauptverhandlung entgegenstehen könnte, möglich ist.
Zunächst wird in § 408a Abs. 1 Satz 1 StPO das Ausbleiben oder die Abwesenheit des Angeklagten genannt. Als weiteren wichtigen Grund zog der Gesetzgeber das Ausbleiben eines wichtigen Zeugen in Erwägung. Der Übergang in das Strafbefehlsverfahren kommt nach den gesetzgeberischen Vorstellungen (s. auch Nr. 175a RiStBV) vor allem in Betracht, wenn
- der Angeklagte mit bekanntem Aufenthalt im Ausland wohnt, seine Einlieferung zur Durchführung der Hauptverhandlung aber nicht möglich oder nicht angemessen wäre,
- der Angeklagte der Hauptverhandlung entschuldigt fernbleibt, weil er infolge einer längeren Krankheit an ihr nicht teilnehmen kann, obwohl seine Verhandlungsfähigkeit im Übrigen nicht beeinträchtigt ist,
- der Angeklagte der Hauptverhandlung fernbleibt und nicht nach § 232 StPO ohne ihn verhandelt werden kann oder
- der unmittelbaren Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung erhebliche Hinderungsgründe entgegenstehen und die Voraussetzungen des § 251 Abs. 1 Nr. 1, 2 StPO nicht vorliegen, der Sachverhalt aber nach dem Akteninhalt genügend aufgeklärt erscheint.