Rz. 99
[Autor/Stand] Geldbußen gem. § 30 OWiG können steuerlich grds. nicht (auch nicht teilweise) als Betriebsausgaben abgesetzt werden (§ 10 Nr. 3 KStG; § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 4 EStG).[2]
Rz. 100
[Autor/Stand] Etwas anderes gilt jedoch, soweit durch die Geldbuße auch eine Gewinnabschöpfung erfolgt (§ 30 Abs. 3, § 17 Abs. 4 OWiG, s. Rz. 78 sowie näher § 377 Rz. 90 ff., 125). Das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG bezieht sich nur auf den Ahndungsteil, nicht aber auf den Abschöpfungsanteil, der daher als Betriebsausgabe abziehbar ist.[4] Bei der steuerlichen Bewertung ist eine Trennung zwischen dem Sanktions- und dem Abschöpfungsanteil der Geldbuße vorzunehmen.[5] Sofern das nicht möglich ist, muss die Steuer bei der Abschöpfung berücksichtigt werden.[6] Die auf den Abschöpfungsteil entfallenden Steuern sind nur mindernd zu berücksichtigen, falls das Besteuerungsverfahren bereits abgeschlossen ist.[7]
Rz. 101
[Autor/Stand] Dagegen können für eingezogen erklärte Vermögenswerte grds. steuermindernd als Betriebsausgaben geltend gemacht werden, da die Einziehung keinen Strafcharakter hat, sondern allein der Abschöpfung des erlangten Vorteils dient.[9] Es besteht kein steuerliches Abzugsverbot nach § 12 Nr. 4 EStG.[10]
Daher kann es in geeigneten Fällen für den Verteidiger ratsam sein, im Wege einer Verständigung darauf hinzuwirken, dass der "Vorteil" einer Straftat oder -ordnungswidrigkeit im Verfahren gegen die JP/PV nicht über § 30 OWiG, sondern über § 73 Abs. 3 StGB bzw. § 29a Abs. 2 OWiG "abgeschöpft" wird.
Rz. 102
[Autor/Stand] Zur Einziehung des Wertes von Taterträgen gem. § 29a OWiG s. § 377 Rz. 140 ff. Gemäß § 29a Abs. 2 OWiG kann die Einziehung des Wertes von Taterträgen auch gegen einen Dritten (z.B. gegen eine JP oder PV) angeordnet werden. Nach § 29a Abs. 5 OWiG ist auch ein selbständiges Einziehungsverfahren gegen den Personenverband möglich,[12] wobei jedoch bei einem parallel gegen den Täter geführten Bußgeldverfahren ein Verfahrenshindernis besteht,[13] das aber nach Ansicht der Rspr. durch nachträgliche Verfahrensverbindung heilbar ist.[14] Dies kann der Verteidiger mit Rücknahme des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid gegen den Täter verhindern (s. entsprechend zu § 30 OWiG Rz. 98). Neben der Festsetzung einer Unternehmensgeldbuße ist die Einziehung u.a. auch nach § 29a OWiG wegen derselben Tat allerdings ausgeschlossen, § 30 Abs. 5 OWiG (s. Rz. 79; § 377 Rz. 136). Im Einziehungsverfahren gem. § 29a OWiG entsteht für den Verteidiger eine zusätzliche Verfahrensgebühr nach Nr. 5116 VV-RVG.[15]
Rz. 103
[Autor/Stand] Zudem ergeben sich die steuerlichen Konsequenzen der §§ 70 ff. AO.[17] Die Leitungsperson des Verbandes (z.B. der GmbH-Geschäftsführer, der eine Steuerhinterziehung zugunsten der GmbH begangen hat) haftet gem. § 71 AO für die hinterzogenen Steuern und Hinterziehungszinsen. Der Personenverband haftet darüber hinaus gem. § 70 Abs. 1 i.V.m. § 71 AO (in den Bankenfällen z.B. die vertretene Bank für die Steuerschulden von Bankkunden, zu deren Steuerhinterziehung die Leitungsperson Beihilfe geleistet hat).
Rz. 104
[Autor/Stand] Zu den strafrechtlichen Risiken bei Übernahme von Geldstrafen/-bußen oder Geldauflagen gegen geschäftsleitende Mitarbeiter und deren Verfahrens- und Verteidigungskosten durch das Unternehmen s. § 377 Rz. 101 sowie die vorst. Literatur-Nachw.
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