Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
I. Teilnahmerecht (§ 403 Abs. 1 Satz 1 AO)
Rz. 14
§ 403 Abs. 1 Satz 1 AO räumt den FinB die Befugnis ein, an den Ermittlungen von StA und Polizei teilzunehmen. Hierzu zählen die Vernehmung des Beschuldigten, der Zeugen und Sachverständigen, Durchsuchungen und Beschlagnahmen, Identifizierungen oder Augenscheinseinnahmen. Zum Zweck dieser Vorschrift s. Rz. 5 ff.
Rz. 15
Die Beteiligungsrechte gem. § 403 AO bestehen nicht nur bei Ermittlungen der StA selbst, sondern auch bei entsprechenden Maßnahmen der Ermittlungspersonen der StA (zu diesem Begriff s. § 385 Rz. 74, 78). Daher kann die BuStra auch an Ermittlungshandlungen der Kriminalpolizei teilnehmen, soweit diese Steuerdelikte bzw. Analogtaten betreffen. Gleiches gilt, wenn die StA Ermittlungsersuchen direkt an die Steuer- und Zollfahndung richtet (s. § 385 Rz. 79; § 404 Rz. 110 ff.).
II. Mitteilung über Ort und Zeit der Ermittlungshandlungen (§ 403 Abs. 1 Satz 2 AO)
Rz. 16
Um die FinB in den Stand zu setzen, von den ihr zustehenden Rechten Gebrauch zu machen, "sollen" Ort und Zeit der Ermittlungshandlungen der FinB rechtzeitig mitgeteilt werden (§ 403 Abs. 1 Satz 2 AO). Es handelt sich hierbei um eine Sollvorschrift, die für den Regelfall gilt und der StA kein Ermessen einräumt. Ausnahmen sind nur zulässig, wenn eine Mitteilung nicht möglich ist, etwa weil die Ermittlungshandlung wegen Gefahr im Verzug sofort durchzuführen ist.
Rz. 17
Auch von Terminen richterlicher Untersuchungshandlungen, an denen die StA ein Teilnahmerecht hat (z.B. richterliche Vernehmungen und Augenscheineinnahmen, §§ 168c, 168d StPO), ist die FinB in Kenntnis zu setzen.
Rz. 18
Die Terminsmitteilung muss nicht in Form einer Ladung ergehen, sie kann auch mündlich – durch Telefonanruf – erfolgen, auf jeden Fall so früh, dass der FinB noch eine Teilnahme möglich ist.
Rz. 19
Eine Unterlassung der Mitteilung ist rechtlich bedeutungslos (s. Rz. 38, 43). Auch wenn eine Benachrichtigung unterblieben ist und die FinB anderweitig von den beabsichtigten Maßnahmen erfahren hat, stehen ihr gleichwohl die Beteiligungsrechte zu.
III. Fragerecht (§ 403 Abs. 1 Satz 3 AO)
Rz. 20
§ 403 Abs. 1 Satz 3 AO räumt dem Vertreter der FinB ein Fragerecht an Beschuldigte, Zeugen und Sachverständige ein. Die Vorschrift enthält lediglich eine Klarstellung, da sich das Fragerecht bereits aus dem in Abs. 1 Satz 1 vorgesehenen Anwesenheitsrecht ergibt. Die FinB erhält hierdurch die Möglichkeit der aktiven Mitwirkung.
Rz. 21
Das Fragerecht ist umfassend, jedoch kann der jeweilige Verhandlungsführer (Polizeibeamte, StA oder Ermittlungsrichter) unsachliche Fragen oder ungeeignete Fragen zurückweisen. Das sind insbesondere Fragen nach Straftaten, die außerhalb der sachlichen Kompetenz der FinB (vgl. § 369 AO, § 386 Abs. 2 AO; s. § 386 Rz. 89 ff.) liegen. Dagegen steht der FinB – im Gegensatz zum gerichtlichen Verfahren (§ 407 Abs. 1 Satz 1 AO) kein Äußerungsrecht zu.
Rz. 22
Die Fragen kann der Vertreter der FinB im Rahmen der Vorschriften der StPO (insbesondere §§ 136, 161a, 163a StPO; s. § 385 Rz. 195 ff.) unmittelbar selbst dem Beteiligten stellen. Nur in dem – im Steuerstrafverfahren seltenen – Fall des § 241a StPO (Vernehmung von Zeugen unter 18 Jahren) sind die Fragen durch den ermittelnden Beamten oder Ermittlungsrichter zu stellen, wenn der Vernehmungsführer eine unmittelbare Befragung nicht gestattet.
IV. Anwesenheitsrecht bei richterlichen Vernehmungen (§ 403 Abs. 2 AO)
Rz. 23
In den Fällen, in denen im Vorverfahren auf Antrag der StA richterliche Vernehmungen durchgeführt werden, ist die FinB zur Mitwirkung nach § 403 Abs. 1 AO berechtigt...