Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Rz. 38
Bei Nichtbeachtung der Beteiligungsrechte der FinB aus § 403 AO durch die StA stehen der FinB keine förmlichen Rechtsbehelfe zu. Sie kann allenfalls Gegenvorstellungen (z.B. mit dem Antrag auf Terminverlegung) und Dienstaufsichtsbeschwerde erheben (s. grundlegend § 385 Rz. 863, 864). Ein eigenes Vetorecht der FinB gegen Entscheidungen der StA kennt die AO nicht. Sie kann auch nicht die Wiederholung der Ermittlungshandlung verlangen.
Rz. 39
Gegen eine ihrer Ansicht nach unberechtigte Verfahrenseinstellung gem. § 170 Abs. 2 StPO kann die FinB nach inzwischen ganz h.M. nicht im Wege der Vorschaltbeschwerde zum Generalstaatsanwalt oder – bei ablehnendem Bescheid – durch Beantragung eines Klageerzwingungsverfahrens gem. §§ 172 ff. StPO zum OLG vorgehen.
Rz. 40
Die FinB ist bei einer Steuerstraftat nicht Verletzte i.S.v. § 172 Abs. 1 Satz 2 StPO. Dafür spricht zum einen die Abschaffung des Nebenklagerechts der FinB und der damit verfolgte Sinn und Zweck des Gesetzgebers (s. § 407 Rz. 1). Die berufene Vertreterin des öffentlichen Interesses ist danach die StA. Die FinB darf sich nicht gegen die StA stellen. Nach § 399 Abs. 1 AO nimmt die FinB die Rechte und Pflichten wahr, die der StA im Ermittlungsverfahren zustehen, falls sie das Ermittlungsverfahren selbständig durchführt. Daraus folgt, dass die FinB nicht einseitig die Interessen des Steuergläubigers wahrnehmen darf, sondern den Sachverhalt objektiv zugunsten wie zuungunsten des Beschuldigten zu erforschen hat. Sie nimmt als sachkundige Fachbehörde selbst hoheitlich allgemein staatliche Belange in der Steuerstrafrechtspflege wahr. Auch folgt aus § 386 Abs. 4 Satz 2 AO, wonach die StA die Strafsache jederzeit an sich ziehen kann, dass sie die Herrin des Verfahrens ist und die FinB ihr als sachkundige Helferin nachgeordnet und nicht gleichgeordnet ist.
Zum anderen könnte bei Anerkennung der Verletzteneigenschaft die gleichfalls dem Legalitätsprinzip verpflichtete FinB die Einhaltung eben dieses Prinzips durch die andere Strafverfolgungsbehörde (scil. StA) gerichtlich überprüfen lassen, ein Ergebnis, das evident der Funktion des Klageerzwingungsverfahrens widerspricht. Die FinB kann demnach nicht die öffentliche Klage gem. §§ 172 ff. StPO erzwingen. Das ist auch Auffassung der Finanzverwaltung, da die AStBV (St) in dem Zusammenhang keine Rechtsmittelmöglichkeiten anführen.
Rz. 41
Zu den Möglichkeiten der Anhörungsrüge gem. § 33a StPO gegen richterliche Beschlüsse wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs s. § 407 Rz. 25 und § 385 Rz. 865 ff.
Rz. 42
Damit kann die FinB allein im Wege der Gegenvorstellung oder Dienstaufsichtsbeschwerde die Wiederaufnahme der Ermittlungen verlangen.
Rz. 43
Auch der Beschuldigte hat keine Möglichkeit, die Teilnahme der FinB an den Ermittlungen der StA zu erzwingen. Zur Revisibilität der unterlassenen Beteiligung der FinB im gerichtlichen Verfahren s. § 407 Rz. 23 f.
Rz. 44
Verstöße gegen die Beteiligungsrechte aus § 403 AO ziehen grds. kein Verwertungsverbot hinsichtlich erlangter Erkenntnisse nach sich und tangieren auch nicht die Wirksamkeit verfahrensabschließender Entscheidungen der StA (s. Rz. 29, 33).
Rz. 45
Dagegen besteht ein Verwertungsverbot, wenn der Beschuldigte entgegen § 168c Abs. 5 Satz 1 StPO von einem richterlichen Termin zur Zeugen- oder Sachverständigenvernehmung nicht benachrichtigt worden ist (s. § 385 Rz. 160, 166, 1075).