Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
I. Erstattungsberechtigte
1. Hauptbeteiligte
Rz. 24
Beteiligter i.S.d. § 464a Abs. 2, § 408 StPO sind der Angeklagte (Angeschuldigte/Beschuldigte) sowie solche Personen, die kraft eigenen Rechts der Verurteilung entgegenzutreten befugt sind. Im Kostenfestsetzungsverfahren (s. Rz. 14) kann also nicht nur der freigesprochene Angeklagte seine notwendigen Auslagen festsetzen lassen, sondern auch (im Steuerstrafverfahren nicht relevant) der Nebenkläger gegenüber dem Angeklagten (§§ 471, 472 StPO), der Privatkläger gegenüber dem Privatbeklagten, soweit das Gericht hierzu eine entsprechende Kostenentscheidung getroffen hat.
2. Nebenbeteiligte und Dritte
Rz. 25
Nebenbeteiligte sind grds. die FinB im staatsanwaltschaftlichen und gerichtlichen Steuerstrafverfahren (vgl. §§ 402, 407 AO), die Einziehungsbeteiligten (§ 467a Abs. 2 StPO, § 424 Abs. 1 StPO n.F., §§ 73 ff. StGB), an Vernichtung, Unbrauchbarmachung und Beseitigung eines gesetzwidrigen Zustands Beteiligte (§ 439 StPO n.F., §§ 73, 74d Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 2 StGB, § 143 Abs. 5 MarkenG) und die juristischen Personen oder Personenvereinigungen, gegen die eine Geldbuße zulässig ist (§ 30 OWiG, § 444 Abs. 1 Satz 1 StPO). Die Erstattung notwendiger Auslagen gem. § 464a Abs. 2 StPO durch die Staatskasse oder einen anderen Beteiligten können jedoch nur die vorstehend genannten Einziehungsbeteiligten und die Geldbußebeteiligten bei Freispruch oder Einstellung verlangen.
Rz. 25.1
Dritte (z.B. Kreditinstitute im Verfahren gegen Bankkunden; Telekommunikationsunternehmen bei einer TKÜ) werden für ihren Arbeitsaufwand und Personaleinsatz gem. § 23 JVEG entschädigt (s. näher § 405 Rz. 7, 14 ff.).
Rz. 25.2
Nebenbetroffene sind nach § 438 Abs. 1 StPO n.F. Personen, die weder Angeschuldigte sind noch als Einziehungsberechtigte in Betracht kommen, wenn ihnen z.B. der betreffende Gegenstand gehört oder die hieran ein sonstiges dingliches Recht haben und deshalb von der Maßnahme betroffen sein können, obwohl sie nicht Adressat der Einziehungsanordnung sind. Die kostenrechtlichen Vorschriften der §§ 467a und 472b StPO gelten wegen der identischen Interessenlage hier entsprechend.
Rz. 25.3
§ 472b Abs. 1 und 2 StPO regelt die Kosten der Nebenbeteiligten bei der Verhängung von Nebenfolgen. Sieht das Gericht von der Anordnung ab, kann es die dem Nebenbeteiligten bzw. Nebenbetroffenen erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse oder einem anderen Beteiligten, insbesondere auch dem Angeklagten, auferlegen (§ 472b Abs. 3 StPO). Das Gericht entscheidet insofern nach pflichtgemäßem Ermessen.
II. Umfang der Erstattungspflicht
1. Grundsätzliches
Rz. 26
Als "notwendige Auslagen" können die vermögenswerten Aufwendungen eines Verfahrensbeteiligten angesehen werden, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder zur Rechtsverteidigung oder zur Geltendmachung der prozessualen Rechte in der gebotenen Form erforderlich waren, unabhängig davon, ob sie später auch Erfolg gehabt haben. Ob die Aufwendungen tatsächlich notwendig waren, ist nicht nach dem erreichten Ergebnis, sondern im Wege einer Ex-ante-Betrachtung zu beurteilen. Es werden nur solche Aufwendungen ersetzt, die in notwendigem Zusammenhang mit der Verteidigung entstanden sind. Nach Ansicht des BVerfG besteht kein allgemeiner Grundsatz, dass dem nicht verurteilten Angeklagten unter allen Umständen sämtliche Auslagen erstattet werden müssen.
2. Begriff der notwendigen Auslagen
a) Entschädigung für notwendige Zeitversäumnis
Rz. 27
Der Begriff der "notwendigen Auslagen" eines Beteiligten ist in der StPO nicht abschließend geregelt. § 464a Abs. 2 StPO nennt nur exemplarisch die notwendige Zeitversäumnis (Nr. 1) und die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts (Nr. 2).
Rz. 27.1
In § 464a Abs. 2 Nr. 1 StPO wird auf das Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz verwiesen (JVEG). Nähere Einzelheiten hierzu finden sich bei § 405 Rz. 6 ff. Dabei handelt es sich zutr. Ansicht nach um eine bloße Rechtsfolgenverweisung bzgl. Umfang und Höhe der Entschädigung. Die Entschädigung für Zeitversäumnis beträgt grds. 4 EUR je Stunde (§ 20 JVEG), soweit kein ...