Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
1. Grundsätzliches
Rz. 26
Als "notwendige Auslagen" können die vermögenswerten Aufwendungen eines Verfahrensbeteiligten angesehen werden, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder zur Rechtsverteidigung oder zur Geltendmachung der prozessualen Rechte in der gebotenen Form erforderlich waren, unabhängig davon, ob sie später auch Erfolg gehabt haben. Ob die Aufwendungen tatsächlich notwendig waren, ist nicht nach dem erreichten Ergebnis, sondern im Wege einer Ex-ante-Betrachtung zu beurteilen. Es werden nur solche Aufwendungen ersetzt, die in notwendigem Zusammenhang mit der Verteidigung entstanden sind. Nach Ansicht des BVerfG besteht kein allgemeiner Grundsatz, dass dem nicht verurteilten Angeklagten unter allen Umständen sämtliche Auslagen erstattet werden müssen.
2. Begriff der notwendigen Auslagen
a) Entschädigung für notwendige Zeitversäumnis
Rz. 27
Der Begriff der "notwendigen Auslagen" eines Beteiligten ist in der StPO nicht abschließend geregelt. § 464a Abs. 2 StPO nennt nur exemplarisch die notwendige Zeitversäumnis (Nr. 1) und die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts (Nr. 2).
Rz. 27.1
In § 464a Abs. 2 Nr. 1 StPO wird auf das Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz verwiesen (JVEG). Nähere Einzelheiten hierzu finden sich bei § 405 Rz. 6 ff. Dabei handelt es sich zutr. Ansicht nach um eine bloße Rechtsfolgenverweisung bzgl. Umfang und Höhe der Entschädigung. Die Entschädigung für Zeitversäumnis beträgt grds. 4 EUR je Stunde (§ 20 JVEG), soweit kein Verdienstausfall (max. 25 EUR je Stunde, § 22 JVEG) noch Nachteile bei der Haushaltsführung (max. 17 EUR je Stunde, § 21 JVEG) zu ersetzen sind. Ersetzt wird zudem nicht nur der Verdienstausfall, der infolge der Heranziehung durch Gericht oder StA/FinB entstanden ist, sondern auch der Verdienstausfall bei Vorladungen durch Polizei/Steufa und Informationsreisen zu dem Verteidiger.
b) Erstattung der Kosten der Verteidigung
Rz. 27.2
§ 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO verweist hinsichtlich der Erstattung der Kosten der Beteiligten für Beratung, Verteidigung und Vertretung auf § 91 Abs. 2 ZPO, der lautet:
§ 91 ZPO Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
Rz. 28
Als notwendige Auslagen erstattungsfähig sind danach die gesetzlichen Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts, die im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) geregelt sind.
Auch § 46 Abs. 1 RVG bestimmt, dass Auslagen, insbesondere Reisekosten, nicht vergütet werden, wenn sie zur sachgemäßen Durchführung nicht erforderlich waren. Die Höhe der Reisekosten bestimmen sich nach Nr. 7003 ff. RVG-VV.
Mehrkosten für einen auswärtigen Verteidiger (Reise-, Tage- und Abwesenheitsgelder, vgl. Nr. 7003–7006 RVG-VV) werden nur erstattet, wenn dessen Zuziehung notwendig war (§ 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO i.V.m. § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO, § 467 StPO), z.B. wegen besonderer Fachkenntnisse, was bei Steuerstrafsachen durchaus angezeigt ist. Auch das Vertrauen in einen Fachanwalt mit besonders gutem Ruf kann von Bedeutung sein.