Rz. 21

[Autor/Stand] Verfolgungsmaßnahmen bei der Aufklärung von Steuerordnungswidrigkeiten darf das Gericht (AG) nur in Ausnahmefällen vornehmen, und zwar nur als "Notverwaltungsbeamter" oder als Notstaatsanwalt nach Maßgabe der §§ 165, 166 StPO (vgl. § 46 Abs. 1 OWiG, s. § 385 Rz. 116). Danach sind Untersuchungshandlungen des Amtsrichters einmal dann zulässig, wenn bei Gefahr im Verzug die zuständige FinB (in Ausnahmefällen die StA) nicht erreichbar ist (§ 165 StPO). Diese Voraussetzungen dürften in der Praxis kaum vorliegen.

 

Beispiel

Während der Vernehmung eines wegen Betrugs verdächtigen Kaufmanns erfährt der Ermittlungsrichter Tatsachen, die Anhaltspunkte für eine Zollordnungswidrigkeit bieten. Unter den Voraussetzungen des § 165 StPO darf der Richter die Beschlagnahme der Gegenstände anordnen, auf die sich die Ordnungswidrigkeit bezieht[2].

 

Rz. 22

[Autor/Stand] Daneben ist bei einer richterlichen Vernehmung des Betroffenen der Amtsrichter auf Antrag zur selbständigen Erhebung von erheblichen Beweisen zuständig, sofern der Verlust der Beweise zu besorgen ist oder die Beweiserhebung die Freilassung des Betroffenen begründen kann (§ 166 StPO). In den genannten Fällen tritt der Amtsrichter zwar vorübergehend an die Stelle der FinB. Seine Tätigkeit beschränkt sich aber nur auf einzelne Verfolgungsmaßnahmen. Er darf daher nicht über das gesamte Verfahren verfügen, es z.B. gem. § 47 OWiG einstellen[4] (vgl. § 167 StPO).

[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.02.2022
[2] Vgl. Cramer, Grundbegriffe, S. 139, Beispiel 2, S. 140 f.
[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.02.2022
[4] Vgl. § 167 StPO; Mitsch in KK5, § 47 OWiG Rz. 4, 17; Krenberger/Krumm, § 47 OWiG Rz. 10 ff.; Rebmann/Roth/Herrmann, § 47 OWiG Rz. 4.

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