Rz. 9

[Autor/Stand] Ob die Berufskammer von ihrer Möglichkeit zur Stellungnahme Gebrauch macht, ist in ihr Ermessen gestellt. Innerhalb der ihr gesetzten Frist (meistens zwei Monate; vergleichbar § 191 Abs. 2 AO[2]) kann sich die Kammer zu allen ihr wichtig erscheinenden Gesichtspunkten (z.B. materiellen oder verfahrensrechtlichen Voraussetzungen, Höhe der Geldbuße) äußern. Steuerordnungswidriges und standeswidriges Verhalten sind dabei nicht unbedingt deckungsgleich, d.h. selbst im Vorfeld von Steuerordnungswidrigkeiten liegendes Verhalten kann berufsrechtliche Sanktionen auslösen[3].

Die FinB ist bei ihrer abschließenden Entscheidung nicht an die Auffassung oder Einwendungen der Kammer gebunden. Sie braucht daher nicht mehr (wie nach früherem Recht, s. Rz. 1) den Ausgang eines ehren- oder berufsgerichtlichen Verfahrens abzuwarten. Nach der Verwaltungsauffassung (vgl. Nr. 115 Abs. 2 Satz 2 AStBV (St) 2020; s. AStBV Rz. 115) besteht aber eine Pflicht zur Berücksichtigung der Stellungnahme bei der Entscheidung über den Bußgeldbescheid[4].

Die Kammer kann aber auch von einer Stellungnahme absehen; äußert sich nicht, hindert das nicht Erlass des Bußgeldbescheides (Nr. 115 Abs. 2 Satz 3 AStBV (St) 2020, s. AStBV Rz. 115).

[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.11.2020
[2] Vgl. Bach in ERST, § 411 AO Rz. 7.
[3] Vgl. Tormöhlen in HHSp., § 411 AO Rz. 18; zur berufsrechtlichen Rspr. des BFH vgl. Jatzke, DStR 2008, 424 und DStR 2006, 720; zum schwindenden Einfluss der Kammern zu eigenständigen Sanktionen, wie z.B. Unterlassungsverfügungen, vgl. Römermann, Anwalt – Das Magazin 2003, 12.
[4] Vgl. auch Tormöhlen in HHSp., § 411 AO Rz. 20; Kemper in Rolletschke/Kemper, § 411 AO Rz. 13.

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