Rz. 14

[Autor/Stand] Hält der Betroffene die Vollstreckung oder einzelne Anordnungen oder Maßnahmen bei der Vollstreckung nicht für zulässig, so kann er gem. § 103 OWiG eine Entscheidung des nach § 104 Abs. 1 und 2 OWiG zuständigen (Straf-)Gerichts herbeiführen (regelmäßig das AG; zu beachten ist bei Steuerordnungswidrigkeiten die Zuständigkeitskonzentration gem. § 410 Abs. 1 Nr. 2 AO i.V.m. § 391 AO).

 

Beispiel

Handwerksmeister N hat den gegen ihn ergangenen Bußgeldbescheid der FinB über 1.500 EUR rechtskräftig werden lassen. Da sich sein Betrieb im Augenblick in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindet, bittet er die FinB um Stundung seiner Schuld gem. §§ 18, 93 Abs. 1 OWiG. Die FinB lehnt dies ab mit der Begründung, die finanziellen Verhältnisse des N seien durchaus zufriedenstellend. N ruft das zuständige AG zur Entscheidung über diese Ablehnung an (vgl. § 103 Abs. 1 Nr. 2, § 104 Abs. 1 Nr. 1, § 68 OWiG).

Durch die Einwendungen wird die Vollstreckung nicht gehemmt, das Gericht kann aber die Vollstreckung aussetzen.

 

Rz. 14.1

[Autor/Stand] Einwendungen gegen die Art und Weise der Vollstreckung können nicht nach § 103 Abs. 1 Nr. 1, § 104 Abs. 1 Nr. 2 OWiG, sondern im Wege der Erinnerung und Widerspruchsklage nach § 91 OWiG, § 459 StPO, § 6 Abs. 1 Nr. 1 JBeitrG, §§ 766, 771 ff. ZPO vor dem AG als Vollstreckungsgericht (§ 6 Abs. 1 Satz 1 JBeitrG, § 764 ZPO) geltend gemacht werden [3]. Demgegenüber ist der Rechtsweg von § 8 JBeitrG subsidiär[3].

Die sofortige Beschwerde ist statthaft gem. § 104 Abs. 3 Nr. 2 und Nr. 3 OWiG, wenn das Gericht nachträglich über die Einziehung oder über eine Anordnung der FinB über die Einziehung entschieden hat (§ 100 Abs. 1 Nr. 2, § 103 Abs. 1 Nr. 2, § 99 Abs. 2 OWiG), sofern die Beschwerdesumme 250 EUR übersteigt.

 

Rz. 14.2

[Autor/Stand] Auch gegen die Anordnung der Erzwingungshaft ist die sofortige Beschwerde (§ 104 Abs. 3 Nr. 1 OWiG, § 311 StPO; Frist: eine Woche) zulässig, die in diesem Fall aufschiebende Wirkung hat[5]. Bei Anordnung durch das AG entscheidet die Kammer für Bußgeldsachen beim LG (§ 46 Abs. 7 OWiG, § 73 Abs. 1 GVG). Eine weitere Beschwerde scheidet in diesem Fall aus, da § 310 StPO nicht für die Erzwingungshaft gilt[6].

Wenn die Erzwingungshaft nicht vollstreckt wird, z.B. weil der Betroffene die Geldbuße gezahlt hat (s. Rz. 13), wird der Rechtsschutz (Beschwerde oder Feststellungsklage) am Fehlen von Beschwer und Feststellungsinteresse scheitern[7].

[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.11.2020
[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.11.2020
[3] Tormöhlen in HHSp., § 412 AO Rz. 66 m.w.N.
[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.11.2020
[5] Seitz/Bauer in Göhler17, § 104 OWiG Rz. 13.
[6] OLG Hamm v. 26.5.2006 – 2 Ws 48/06, NStZ-RR 2006, 320; OLG Hamm v. 23.4.1992 – 1 Ws 215/92, NStZ 1992, 443; Seitz/Bauer in Göhler17, § 96 OWiG Rz. 22; Tormöhlen in HHSp., § 412 AO Rz. 67; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt62, § 310 StPO Rz. 5; offengelassen von OLG Karlsruhe v. 19.1.2016 – 2 Ws 441/15, NZV 2017, 38.
[7] Tormöhlen in HHSp., § 412 AO Rz. 67a m.w.N.

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