Das zum 1.7.2017 als "Einziehung von Taterträgen" (vor dem 1.7.2017: "Verfall") neu titulierte und geregelte Recht der Vermögensabschöpfung ist auch im Steuerstrafrecht von erheblicher Bedeutung.
Von weitreichender, auch verfassungsrechtlicher Tragweite ist insb. die Vorschrift des § 73e StGB i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2020 (JStG 2020) vom 21.12.2020 (in Kraft getreten am 29.12.2020, BGBl. I 2020, 3096), die in Satz 1 die Einziehung des Tatertrags oder des Wertersatzes nach den §§ 73 bis 73c StGB ausschließt, soweit der Anspruch erloschen ist, diesen Ausschluss jedoch in Satz 2 für Fälle des Erlöschens durch Verjährung wieder aufhebt. Durch dasselbe Gesetz wurde Art. 316j EGStGB als Übergangsvorschrift zum JStG 2020 eingeführt, der – abweichend von § 2 Abs. 5 StGB – eine begrenzt rückwirkende Anwendung von § 73 Abs. 1 S. 2 StGB zulässt (eingehend hierzu Radermacher, AO-StB 2021, 101). Eine korrespondierende Regelung hat der Gesetzgeber in § 459g Abs. 4 S. 2 StPO geschaffen, um auch die zugehörigen Vollstreckungsmaßnahmen zu sichern (BGBl. I 2021, 2099.
Die Bedeutung von § 73e StGB i.V.m. Art. 316j EGStGB dokumentiert nicht zuletzt das BGH-Urteil vom 28.7.2021 zu den sog. Cum-Ex-Geschäften (BGH v. 28.7.2021 – 1 StR 519/20, DStR 2021, 2453). In seinem Urteil hat der BGH zunächst mit überzeugender Begründung festgestellt, dass die Geltendmachung tatsächlich nicht einbehaltener Kapitalertragsteuer zur Steueranrechnung bzw. Steuererstattung gegenüber den Finanzbehörden auf der Grundlage von Cum/Ex-Leerverkaufsgeschäften eine Steuerhinterziehung durch unrichtige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen i.S.d. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO darstellt, die zu ungerechtfertigten Steuervorteilen i.S.d. § 370 Abs. 4 S. 2 AO führt.
Darüber hinaus hat der BGH entschieden, dass die durch die Übergangsvorschrift des Art. 316j EGStGB angeordnete rückwirkende Anwendung von § 73e Abs. 1 S. 2 StGB i.d.F. des JStG 2020 vom 21.12.2020 nicht mit den in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Grundrechten der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes und dem daraus abgeleiteten verfassungsrechtlichen Rückwirkungsverbot kollidiere, da die Rückwirkung jedenfalls durch hinreichend gewichtige Allgemeinwohlinteressen sachlich gerechtfertigt sei, ohne dass dem hinreichend schützenswertes Vertrauen der Betroffenen entgegenstünde (BGH v. 28.7.2021 – 1 StR 519/20, DStR 2021, 2453). Die gegen das BGH-Urteil eingelegte Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG durch Beschl. v. 7.4.2022 – unter Bestätigung der Rechtsausführungen des BGH – nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG v. 7.4.2022 – 2 BvR 2194/21, juris).
Neben dieser verfassungsrechtlichen – nach der Entscheidung des BVerfG vom 7.4.2022 mehr dogmatischen als praxisrelevanten – Thematik stellt sich bei Einziehungsentscheidungen nach §§ 73 ff. StGB die praxisbedeutsame Frage der Behandlung von Fallgestaltungen, in denen es zu einem "überschießenden Einziehungsbetrag" kommt, wenn also die Einziehungsentscheidung betragsmäßig über den in einem später abgeschlossenen finanzgerichtlichen Verfahren festgestellten Steueranspruch hinausgeht. Diese Kollision gewinnt insb. dann an Brisanz, wenn die Einziehungsentscheidung – was häufig der Fall sein dürfte – rechtskräftig geworden ist, bevor eine finanzgerichtliche Entscheidung ergeht.