Dr. Christine Susanne Rabe
Ähnlich vielfältig wie die Verwendung des Begriffs "Konfliktmanagement" ist auch der Begriff "Konflikt" selbst.
Meinungsverschiedenheit
Nicht jede Unstimmigkeit zwischen zwei Personen, Teams oder Organisationen ist schon ein Konflikt!
Ein zusammenfassender Überblick über die zahlreichen Definitionen des Begriffs "Konflikt" findet sich bspw. bei Glasl. Dabei ist insbesondere seiner Kritik an den zu weitgefassten Definitionen zuzustimmen: Eine Definition des Konfliktbegriffs, die jede Unstimmigkeit zwischen zwei Personen, Teams oder Organisationen umfassen würde, hilft in der Sache nicht weiter, da das ja quasi der "Normalzustand" ist. Glasl beschreibt aber nicht nur die unterschiedlichen in der Literatur aufzufindenden Konfliktdefinitionen, sondern leitet aus den von ihm als zentral betrachteten Begriffsdefinitionen eine eigene Definition des "Sozialen Konflikts" ab, der auch die Grundlage für die weitere Betrachtung darstellt:
"Ein ‘Sozialer Konflikt’ ist eine Interaktion zwischen Aktoren (Individuen, Gruppen, Organisationen usw.) wobei wenigstens ein Aktor eine Differenz bzw. Unvereinbarkeiten im Wahrnehmen und im Denken bzw. Vorstellen und im Fühlen und im Wollen mit dem anderen Aktor (den anderen Aktoren) in der Art erlebt, dass beim Verwirklichen dessen, was der Aktor denkt, fühlt oder will, eine Beeinträchtigung durch einen anderen Aktor (die anderen Aktoren) erfolge."
Missglückte Urlaubsvertretung
Mitarbeiter A wurde Urlaub in Aussicht gestellt aber noch nicht genehmigt. Mitarbeiter B, die planmäßige Urlaubsvertretung von A, erkrankt an Grippe und kann A doch nicht vertreten. Aufgrund von Personalengpässen wird der Urlaubsantrag von A durch den Chef C abgelehnt. Der Urlaub soll nach Genesung von B genommen werden.
Ob es in dem genannten Beispiel zu einer Unstimmigkeit oder gar zu einem Konflikt kommt, wird primär davon abhängen, wie der Mitarbeiter die Entscheidung auffasst.
Das wiederum dürfte auch mit davon abhängen, wie die Entscheidung kommuniziert wird, ob es z. B. in der Vergangenheit bereits vergleichbare Situationen gegeben hat oder schon konkrete Urlaubsplanungen getroffen wurden.
Hat Mitarbeiter A noch keine konkreten Urlaubspläne gemacht und bekommt den Grund für die Ablehnung des Urlaubs mitgeteilt, versteht Mitarbeiter A im besten Fall die Entscheidung sogar und es kommt nicht einmal zu einer Unstimmigkeit.
Wurden bereits Urlaubspläne gemacht und/oder ohne Begründung nur mitgeteilt, dass der Urlaub doch nicht genehmigt wird, ist zu erwarten, dass es zumindest zu einer Unstimmigkeit kommt, da die Entscheidung aus Sicht von Mitarbeiter A nicht nachvollziehbar sein dürfte. Empfindet Mitarbeiter A die Entscheidung darüber hinaus als persönliche Beeinträchtigung, da der Urlaub zu einem späteren Zeitpunkt nicht nachholbar ist, weil bspw. dann die Urlaubsbegleitung keinen Urlaub hat, ist die Schwelle von der Unstimmigkeit zum Konflikt überschritten.
Ob eine konkrete Situation zu einem Konflikt führt, hängt also im Wesentlichen vom individuellen Empfinden der beteiligten Personen und deren Umgang mit der Situation ab, was wiederum durch ganz unterschiedliche Umstände beeinflusst wird.
Mögliche Konfliktkonstellationen im Unternehmen (Auswahl)
- zwischen Mitarbeitern
- zwischen Mitarbeitern und Führungskräften
- zwischen Führungskräften
- innerhalb von Teams und zwischen Teams
- innerhalb der Geschäftsführung
- zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat/Gleichstellungsbeauftragten/Datenschutzbeauftragten/Schwerbehindertenvertretern etc.
- zwischen Unternehmen und Kunden