Prof. Dr. Dr. Carl-Christian Freidank
4.2.2.1 Einbezogene Jahresabschlüsse
Rz. 58
Da sich der Konzernabschluss aus den modifizierten Einzelabschlüssen des Mutterunternehmens und der Tochterunternehmen nach § 290 Abs. 1 HGB ergibt, können Unrichtigkeiten und Verstöße gegen gesetzliche Vorgaben oder Regelungen aus Satzungen oder Gesellschaftsverträgen, die sich auf die Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Konzerns auswirken, vom Konzernabschlussprüfer nur bei einer entsprechenden Kenntnis der konsolidierten Einzelabschlüsse erkannt werden. Dementsprechend ist der Konzernabschlussprüfer gem. § 317 Abs. 3 Satz 1 HGB auch zur Prüfung der einbezogenen Jahresabschlüsse verpflichtet. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf den konsolidierungsbedingten Anpassungen, die ebenso wie die im Konzernabschluss zusammengefassten Jahresabschlüsse in entsprechender Anwendung von § 317 Abs. 1 HGB zu prüfen sind.
Rz. 59
Gerade bei weit verzweigten Konzernen mit einer Vielzahl einzubeziehender Jahresabschlüsse führt die Pflicht, auch die zusammengefassten Einzelabschlüsse zu prüfen, zu einer beträchtlichen Zusatzbelastung für den Konzernabschlussprüfer. Eine Erleichterung ergibt sich aus § 317 Abs. 3 Satz 2 HGB, nach der sich eine (nochmalige) Prüfung der Einzelabschlüsse erübrigt, wenn diese bereits von einem anderen Abschlussprüfer (Teilbereichsprüfer) geprüft wurden. Allerdings hat dann der Konzernabschlussprüfer dessen Arbeit zu überprüfen und dies (z. B. in den Arbeitspapieren) zu dokumentieren.
Rz. 60
Zur Feststellung der formellen Ordnungsmäßigkeit der einbezogenen Einzelabschlüsse muss der Konzernabschlussprüfer beurteilen, ob alle Geschäftsvorfälle ordnungsgemäß erfasst und verarbeitet wurden und dabei die formellen Ordnungsprinzipien des Handelsrechts sowie der GoB oder sonstiger maßgeblicher Rechnungslegungsgrundsätze beachtet wurden. Als Prüfungshandlungen kommen neben Abstimmungs- und Übertragungsprüfungen auch rechnerische Prüfungen sowie Belegprüfungen in Betracht.
Rz. 61
Einen besonderen Schwerpunkt bei der Prüfung der einbezogenen Jahresabschlüsse stellt die Prüfung der Handelsbilanzen II dar. Zunächst ist zu prüfen, ob die jeweiligen Handelsbilanzen II zu einem einheitlichen Stichtag aufgestellt wurden. Bei abweichenden Abschlussstichtagen in den Einzelabschlüssen ist die ordnungsmäßige Anpassung der Einzelabschlussstichtage an den Konzernabschlussstichtag, welche ggf. durch die Erstellung von Zwischenabschlüssen erfolgt, zu prüfen. Die Prüfung des einheitlichen Ansatzes, der einheitlichen Bewertung und des einheitlichen Ausweises kann vorzugsweise über einen Abgleich mit ggf. vorliegenden Konzernrichtlinien vorgenommen werden. Zudem muss auch hier die ordnungsgemäße Überleitung des Zahlenmaterials aus den Einzelabschlüssen in die Handelsbilanzen II beurteilt werden. In diesem Zusammenhang spielen Funktionsprüfungen des konzernweiten rechnungslegungsbezogenen Kontrollsystems eine zentrale Rolle, mit denen sich der Konzernabschlussprüfer eine Einschätzung über die Ordnungsmäßigkeit der konsolidierungsbedingten Anpassungen verschaffen muss. Hinsichtlich der Währungsumrechnung ist zu prüfen, ob die gewählte Umrechnungsmethode zulässig ist und ob sie korrekt und konzerneinheitlich angewendet wurde.
4.2.2.2 Konzernabschluss
Rz. 62
Dem Grundsatz der Wesentlichkeit folgend, ist die Prüfung des Konzernabschlusses darauf auszurichten, "[...] mit hinreichender Sicherheit falsche Angaben aufzudecken, die wegen ihrer Größenordnung oder Bedeutung einen Einfluss auf den Aussagewert der Rechnungslegung für die Rechnungslegungsadressaten haben". Aus Wirtschaftlichkeitsgründen sollte der Aufwand zur Erlangung von Prüfungsnachweisen, die dem Grundsatz der Wesentlichkeit genügen, möglichst gering gehalten werden. Analog zur handelsrechtlichen Jahresabschlussprüfung von Einzelunternehmen werden deshalb auch bei der Konzernabschlussprüfung Systemprüfungshandlungen vorgenommen, deren Ergebnisse den Umfang noch vorzunehmender analytischer Prüfungshandlungen und Einzelfallprüfungen determinieren. Der Konzernabschlussprüfung geht deshalb in aller Regel eine Prüfung des konzernweiten (rechnungslegungsbezogenen) IKS, verstanden als Teil des ...