Leitsatz
Aufwendungen für ein Erststudium können auch unter Geltung des § 12 Nr. 5 EStG a. F. als vorab entstandene Werbungskosten anzuerkennen sein, wenn ein hinreichend konkreter Veranlassungszusammenhang zur angestrebten Berufstätigkeit nachgewiesen wird.
Sachverhalt
Der Kläger befand sich als Beamtenanwärter in Ausbildung, hat jedoch die Abschlussprüfung nicht bestanden. Danach hat er mit einem Studium begonnen. In der Steuererklärung für das Jahr 2007 machte der Kläger Aufwendungen für das Studium in Höhe von 12.575 EUR als Werbungskosten geltend, welche das FA jedoch nur in Höhe von 4.000 EUR als Sonderausgaben anerkannt hat, weil es sich bei der vorangegangenen Ausbildung nicht um eine Erstausbildung i. S. d. § 12 Nr. 5 EStG handele.
Entscheidung
Unter Hinweis auf die Urteile des BFH v. 28. 7. 2011 (z.B. VI R 7/10) hat das FG entschieden, dass der Vorrang für den Werbungskostenabzug auch nach der Neuregelung des Abzugs der Berufsausbildungskosten und der Einführung des § 12 Nr. 5 EStG durch das Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und weiterer Gesetze v. 21.7.2004 (BGBl 2004 I S. 1753) unverändert weiter gilt. Denn auch § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG i. d. F. dieses Änderungsgesetzes sieht den Abzug der Aufwendungen des Stpfl. für seine Berufsausbildung nur dann als Sonderausgaben vor, "wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind". Danach entfaltet § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG unverändert keine Sperrwirkung gegenüber dem Werbungskostenabzug. Da der Kläger glaubhaft gemacht hat, dass er beabsichtigt nach Abschluss des Studiums Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu erzielen, handelt es sich bei Studienkosten um vorweggenommene Werbungskosten.
Hinweis
Da das vorstehende Urteil vor Verkündigung des BeitrRLUmsG, mit dem § 12 Nr. 5 EStG geändert und § 9 Abs. 6 EStG eingefügt wurde, ergangen ist, hat das FG unter Hinweis auf die BFH Urteile v. 28.7.2011 zutreffend die Studienkosten als vorweggenommene Werbungskosten anerkannt. Das FG brauchte nicht zu entscheiden, ob eine nicht abgeschlossene vorangegangene Ausbildung als Erstausbildung i. S. d. § 12 Nr. 5 EStG n. F. anzusehen ist, da im Streitfall nach der BFH-Rechtsprechung auch die Voraussetzungen für den Werbungskostenabzug als Aufwendungen für ein Erststudium vorlagen. Unter Geltung der Neufassung des § 12 Nr. 5 EStG hätte das FG diese Frage entscheiden müssen. In diesem Zusammenhang wird auf das Urteil des BFH vom 27.10.2011 (VI R 52/10) verwiesen, wonach eine kurze Ausbildung zum Rettungssanitäter als Erstausbildung i. S. des § 12 Nr. 5 EStG anzusehen ist. Es ist daher davon auszugehen, dass der BFH in dem im Streitfall anhängigen Revisionsverfahren VI R 61/11 eine Ausbildung als Beamtenanwärter auch ohne bestandene Abschlussprüfung als Erstausbildung i. S. d. § 12 Nr. 5 EStG beurteilt, zumal sich an dem Begriff "Erstausbildung" durch die Neufassung des § 12 Nr. 5 EStG i. d. F. des BeitrRLUmsG nichts geändert hat.
Link zur Entscheidung
FG Münster, Urteil vom 09.11.2011, 2 K 862/09 F