Leitsatz
1. Die Kosten eines Vaterschaftsfeststellungsprozesses können eine außergewöhnliche Belastung i.S.d. § 33 EStG sein.
2. Wird ein Steuerpflichtiger auf Feststellung der Vaterschaft und Zahlung des Regelunterhalts verklagt, so sind die ihm auferlegten Prozesskosten zwangsläufig, wenn er ernsthafte Zweifel an seiner Vaterschaft substanziiert dargelegt sowie schlüssige Beweise angeboten hat und wenn sein Verteidigungsvorbringen bei objektiver Betrachtung Erfolg versprechend schien.
Normenkette
§ 1592 BGB , § 1596 Abs. 2 BGB , § 1597 BGB , § 1600d BGB , § 1600e BGB , § 33 EStG , Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG , § 307 ZPO , § 93 ZPO
Sachverhalt
Auf die Klage des Kindes stellte das Amtsgericht durch Urteil vom 22.9.1994 fest, dass der Kläger der Vater ist, und verurteilte ihn zur Zahlung des Regelunterhalts. Aus den Urteilsgründen ergibt sich, dass der Kläger seine Vaterschaft in Zweifel gezogen hatte mit der Begründung, seine Beziehung zur Kindesmutter habe nur drei Monate gedauert und in der gesetzlichen Empfängniszeit sei es zu keinerlei persönlichem Kontakt mit ihr gekommen. Nach dem vom Amtsgericht eingeholten Sachverständigengutachten besteht eine biostatistische Wahrscheinlichkeit der Vaterschaft des Klägers von 99,966 %.
Die dem Kläger auferlegten Prozesskosten beliefen sich auf 5.295,20 DM einschließlich 4.683,20 DM Sachverständigenentschädigung.
In seiner Einkommensteuererklärung machte der Kläger die von ihm im Streitjahr 1999 entrichteten Prozesskosten vergeblich als außergewöhnliche Belastung geltend. Klage und Revision blieben erfolglos.
Entscheidung
Das FG habe im Ergebnis zutreffend die Anerkennung der Kosten des Vaterschaftsprozesses als außergewöhnliche Belastung versagt, denn es sei dem Kläger zuzumuten gewesen, seine Vaterschaft anzuerkennen. Es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich oder vorgetragen, dass der Kläger Anlass hatte, an seiner Vaterschaft ernstlich zu zweifeln.
Hinweis
Zwangsläufige atypische Kosten der Lebensführung können nach § 33 EStG als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden. Nach ständiger Rechtsprechung spricht bei Kosten eines Zivilprozesses eine Vermutung gegen deren Zwangsläufigkeit. Hiervon gibt es jedoch Ausnahmen, wenn die Durchführung eines Gerichtsverfahrens der einzige Weg ist, sein Klageziel zu erreichen und der Prozess einen Kernbereich menschlichen Lebens berührt, etwa wenn das Umgangsrecht mit den eigenen Kindern erstritten werden soll.
Nach diesem Urteil können auch die Kosten eines Vaterschaftsprozesses außergewöhnliche Belastungen sein. Diese Voraussetzung wird insbesondere erfüllt sein, wenn der Steuerpflichtige Anlass hat anzunehmen, er sei der biologische Vater und daher die Feststellung seiner Vaterschaft betreibt. Denn der biologische Vater kann die Anerkennung seiner nach Art. 6 Abs. 1 GG geschützten Vaterschaft ohne Zustimmung des Kindes oder dessen gesetzlichen Vertreters nur durch ein gerichtliches Verfahren erreichen und erst wenn die Vaterschaft festgestellt ist, besteht ein Umgangsrecht mit dem Kind.
Dagegen werden die Kosten zur Abwehr der Vaterschaftsfeststellung geführter Prozesse nur in Ausnahmefällen abziehbar sein, denn die Vaterschaft wird vermutet, wenn es zur Empfängniszeit zum Geschlechtsverkehr mit der Mutter des Kindes gekommen ist. Ist diese Voraussetzung erfüllt, ist es dem Steuerpflichtigen grundsätzlich zuzumuten, seine Vaterschaft anzuerkennen, es sei denn, es bestünden schwerwiegende Zweifel an der Vaterschaft.
Hiervon ist jedoch im Einklang mit der Zivilrechtsprechung nicht schon dann auszugehen, wenn der Mann lediglich behauptet, keine sexuellen Kontakte in der Empfängniszeit mit der Kindesmutter unterhalten zu haben oder diese habe einen "freizügigen Lebenswandel" geführt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 18.3.2004, III R 24/03