Leitsatz
Ein Körperbehinderter, bei dem die Notwendigkeit ständiger Begleitung nachgewiesen ist, kann Mehraufwendungen, die ihm auf einer Urlaubsreise durch Kosten für Fahrten, Unterbringung und Verpflegung der Begleitperson entstehen, bis zu 1 500 DM (767 EUR) neben dem Pauschbetrag für Körperbehinderte als außergewöhnliche Belastung abziehen.
Normenkette
§ 33 EStG , § 33b Abs. 3 Satz 3 EStG
Sachverhalt
Der Kläger ist schwerbehindert. Das Versorgungsamt hat den Grad der Behinderung auf 100 % sowie die Merkmale G, aG und H festgesetzt. Der Schwerbehindertenausweis enthält zudem den Hinweis: "Die Notwendigkeit ständiger Begleitung ist nachgewiesen." Für die Klägerin, seine Ehefrau, ist ein Grad der Behinderung von 80 % sowie das Merkzeichen G festgestellt worden. In ihrer Einkommensteuererklärung machten die Kläger Aufwendungen für eine (fremde) Begleitperson bei drei Urlaubsreisen in Höhe von 11 397 DM als außergewöhnliche Belastung geltend.
Das FA lehnte den Abzug der Aufwendungen für die Begleitpersonen ab, da die Notwendigkeit der Reisen nicht durch ein amtsärztliches Attest vor Reisebeginn nachgewiesen worden sei. Das FA gewährte indessen den Pauschbetrag für auf fremde Hilfe angewiesene Behinderte gem. § 33b Abs. 3 Satz 3 EStG in Höhe von 7 200 DM.
Das FG gab der Klage teilweise statt. Es war der Auffassung, die dem Kläger für eine Begleitperson entstandenen Kosten stellten eine außergewöhnliche Belastung i.S.d. § 33 EStG dar, die neben dem Pauschbetrag für Körperbehinderte (§ 33b Abs. 3 EStG) abzugsfähig seien. Als angemessen werde eine Urlaubsreise jährlich mit geschätzten Kosten für die Begleitperson von bis zu 3 000 DM angesehen.
Entscheidung
Der BFH schloss sich der Rechtsauffassung des FG an. Es orientierte sich aber bei der Bestimmung des Höchstbetrags am statistischen Durchschnittswert für Urlaubsreisen je Person, die im Streitjahr nach den Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamts rund 1 500 DM betrugen.
Hinweis
Der Streitfall hat die Frage aufgeworfen, ob
1. die Aufwendungen eines Schwerbehinderten für eine Begleitperson auf einer Urlaubsreise dem Grunde nach eine außergewöhnliche Belastung darstellen,
2. als Nachweis für die Notwendigkeit einer Begleitung ein amtsärztliches Attest auch dann erforderlich ist, wenn aus dem Schwerbehindertenausweis hervorgeht, dass er ständiger Begleitung bedarf,
3. diese Kosten ggf. durch den Pauschbetrag für Körperbehinderte abgegolten und
4. in welcher Höhe derartige Kosten ggf. zu berücksichtigen sind.
Der BFH hat diese Kosten dem Grunde nach als außergewöhnliche Belastung beurteilt, denn bei Personen, die ohne fremde Hilfe keine Urlaubsreise unternehmen könnten, seien die Aufwendungen für eine Begleitperson zwangsläufig. Zum Nachweis der Erforderlichkeit einer Begleitung genüge auch der Schwerbehindertenausweis, wenn hieraus die Notwendigkeit ständiger Begleitung hervorgehe. Ein amtsärztliches Attest sei dann entbehrlich.
Die Kosten für die Begleitperson sind auch nicht durch den Pauschbetrag für Behinderte abgegolten. Hierdurch werden nur Aufwendungen erfasst, die ständig wiederkehren. Hierunter fallen z.B. Dienstleistungen, die der Behinderte bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens in Anspruch nimmt.
Vom Pauschbetrag erfasst sind demnach die Dienstleistungen, die die Begleitperson während des Urlaubs erbringt. Macht der Steuerpflichtige den Pauschbetrag geltend und wählt nicht den Einzelnachweis, können demnach Lohnaufwendungen nicht berücksichtigt werden. Dagegen sind Aufwendungen für Reisekosten, Unterkunft und Verpflegung abziehbar, aber nur in der Höhe, die ein Bundesbürger durchschnittlich im Jahr für Urlaubsreisen aufwendet. Für das Streitjahr 1994 war dies nach den Ermittlungen des Statistischen Bundesamts rund 1 500 DM.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 4.7.2002, III R 58/98