Leitsatz
* Die Entscheidung darüber, ob es sich bei den festzusetzenden Kosten um Insolvenzforderungen (§ 38 InsO) oder um Masseschulden (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO) handelt, ist Sache des Kostenerhebungsverfahrens und gehört nicht zu der vom Gericht zu treffenden Kostengrundentscheidung. Im Rahmen des Kostenerhebungsverfahrens ist deshalb auch darüber zu entscheiden, ob nach Aufnahme des Rechtsstreits durch den Insolvenzverwalter im Revisionsverfahren bezogen auf das vor Insolvenzeröffnung abgeschlossene erstinstanzliche Verfahren eine Kostenaufteilung in Betracht kommt.
* Leitsatz nicht amtlich
Normenkette
§ 38 InsO , § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO , § 105 InsO , § 240 ZPO , § 143 Abs. 1 FGO
Sachverhalt
Wegen des Sachverhalts kann vollumfänglich auf BFH-PR 2001, 434 verwiesen werden. Ergänzend ist nur anzumerken, dass im Revisionsverfahren die klagende GmbH in Insolvenz verfiel.
Entscheidung
Auch insoweit genügt der Verweis in der Sache auf BFH-PR 2001, 434 und wegen der Kosten auf die hier gegebenen Praxis-Hinweise.
Hinweis
1. Falls Sie sich wundern sollten: Ein Urteil mit dem Aktenzeichen I R 69/00 finden Sie unter dem Datum des 27.6.2001 bereits in BFH-PR 2001, 434. Die dort gegebenen Informationen sind keineswegs überflüssig oder überholt. Sie sind in der Sache mehr oder weniger mit jenen der nunmehrigen Entscheidung vom 10.7.2002 identisch. Dennoch ist das seinerzeitige Urteil nicht mehr existent. Der Grund dafür liegt in einem Verfahrensfehler, der dem BFH unterlaufen ist: Während des Revisionsverfahrens wurde über das Vermögen der klagenden GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Das hatte zur Folge, dass das Verfahren kraft Gesetzes bis zu seiner Aufnahme durch den vom Amtsgericht bestellten Insolvenzverwalter unterbrochen war (vgl. § 240 ZPO i.V.m. § 155 FGO). So geschah es auch im Urteilsfall. Der Insolvenzverwalter, ein RA, nahm das Verfahren auch auf und trat als Kläger in Erscheinung. Falsch war allerdings, dass der BFH sein Urteil dennoch dem ursprünglichen Prozessbevollmächtigten, einem StB, zustellte. Falsch war dies deshalb, weil die Prozessvollmacht mit Insolvenzeröffnung erlischt.
Konsequenz: Das Urteil in Gestalt eines Gerichtsbescheids hätte dem Insolvenzverwalter bekannt gegeben werden müssen. Für Sie folgt daraus: In einschlägigen Fällen ist auf das Erlöschen des Mandatsverhältnisses zu achten.
2. Da der Insolvenzverwalter den Fehler rügte und nunmehr die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragte, musste alles neu aufgerollt werden. Das Ergebnis unterschied sich, wie gesagt, in der Sache in nichts von dem, was sich bereits aus dem 1. Urteil ergab. Allerdings: In diesem Urteil waren die Kosten vollen Umfangs dem Insolvenzverwalter belastet worden. Das wollte er so nicht hinnehmen: Denn die Insolvenz sei erst nach Abschluss des FG-Klageverfahrens eingetreten. Folglich seien diejenigen Kosten, die bis dahin angefallen seien, Insolvenzforderungen (§ 38 InsO). Nur die danach entstandenen Kosten seien Masseschulden (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO). In diesem Sinne müsse der BFH eine Kostenteilung vornehmen.
Die Auffassung des Insolvenzverwalters wird neuerdings von etlichen Zivilgerichten geteilt (s. z.B. OLG Rostock, Urteil vom 5.11.2001, 3 U 168/99, ZIP 2001, 2145; OLG München, Beschluss vom 11.10.1999, 11 W 2206/99, ZIP 2000, 31). Andere hingegen betonen den Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung, der einer Aufteilung entgegenstehe. Der BFH bekennt sich weder in die eine noch in die andere Richtung. Er überlässt die Entscheidung vielmehr dem Kostenfestsetzungs- und Kostenansatzverfahren durch den Kostenbeamten (Rechtspfleger). Denn dieser habe die vorangehende gerichtliche Kostengrundentscheidung zu realisieren, sei es als Masse-, sei es als Insolvenzforderung.
Wie dem auch sei: Mit den guten Argumenten, die für eine Kostenaufteilung sprechen (vgl. insbesondere § 105 InsO), sollten Sie die alleinige Kostenpflicht jedenfalls ablehnen. Mit den erwähnten OLG-Entscheidungen haben Sie gute Referenzen "hinter sich".
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 10.7.2002, I R 69/00