Zusammenfassung
Der Auflösungsantrag ist eine Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses trotz einer unwirksamen Kündigung gegen Zahlung einer Abfindung zu beenden. Bei einer ordentlichen Kündigung können sowohl der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber einen Auflösungsantrag stellen. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) hat bei einer außerordentlichen Kündigung hingegen nur der Arbeitnehmer diese Option.
1 Voraussetzungen eines Auflösungsantrags
Ist die Kündigung nicht sozial gerechtfertigt und lässt sich die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine gütliche Einigung auch im Rahmen eines Prozessvergleichs nicht erreichen, bleibt in geeigneten Fällen noch die Möglichkeit eines Auflösungsantrags.
Nach § 9 KSchG können Arbeitnehmer, Arbeitgeber oder beide den Antrag stellen, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung aufzulösen.
Der Antrag setzt nach § 9 Abs. 1 KSchG besondere Auflösungsgründe voraus. Auflösungsgründe für den Arbeitnehmer bestehen, wenn ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten ist. Auflösungsgründe für den Arbeitgeber liegen vor, wenn eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit nicht mehr zu erwarten ist. Der Antrag kann gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 KSchG bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz gestellt werden. Während es für die Beurteilung der Kündigung selbst auf den Kündigungszeitpunkt ankommt, ist beim Auflösungsantrag eine Vorausschau anzustellen und zu fragen, ob in der Zukunft eine gedeihliche Zusammenarbeit zu erwarten ist.
Nach einer Änderungskündigung kann ein Auflösungsantrag nur gestellt werden, wenn der Arbeitnehmer das Änderungsangebot abgelehnt hat. Das Arbeitsgericht löst das Arbeitsverhältnis zu dem Zeitpunkt auf, zu dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte. Mit der Auflösungsentscheidung wird der Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung verurteilt.
2 Auflösungsantrag des Arbeitgebers
Der Arbeitgeber kann im Kündigungsschutzprozess einen Auflösungsantrag nach §§ 9, 10 KSchG stellen. Der Auflösungsantrag des Arbeitgebers ist prozessual gesehen ein sog. echter Hilfsantrag. Er wird gestellt für den Fall, dass der Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess unterliegt. Dass die Kündigung sozial ungerechtfertigt ist, ist Voraussetzung für den Auflösungsantrag. Weitere Voraussetzung ist das Vorliegen eines Auflösungsgrunds.
2.1 Sozialwidrigkeit der ordentlichen Kündigung
Der Antrag ist nur begründet, wenn die Kündigung sozialwidrig ist, sei es, weil personenbedingte Gründe, verhaltensbedingte Gründe oder betriebsbedingte Gründe fehlen.
Der Auflösungsantrag wird dem Arbeitgeber nicht zugebilligt, wenn zur Sozialwidrigkeit noch weitere Kündigungsmängel (z. B. eine mangelhafte Betriebsratsanhörung) hinzukommen. Es ist deshalb wichtig, im Rechtsstreit, in dem der Arbeitgeber einen Auflösungsantrag stellt, im Bestreitensfall den Verlauf der Betriebsratsanhörung darzulegen oder das Vorliegen anderer Unwirksamkeitsgründe auszuräumen.
Die Rücknahme der Kündigung kann als Anerkenntnis ihrer Sozialwidrigkeit angesehen werden.
Die Unwirksamkeit der Kündigung aus anderen Gründen, die dem Arbeitgeber den Auflösungsantrag verwehrt, kann sich nur aus Schutzvorschriften zugunsten des Arbeitnehmers ergeben, z. B. § 17 MuSchG, § 168 SGB IX, § 102 BetrVG usw. Bezieht sich der Schutzzweck der Norm nicht auf den Arbeitnehmer, z. B. bei besonderen Zustimmungserfordernissen Dritter, ist die Vergünstigung des Auflösungsantrags dem Arbeitgeber nicht verwehrt.
Der Arbeitgeber kann bei unwirksamer außerordentlicher Kündigung keinen Auflösungsantrag stellen. § 13 Abs. 1 KSchG sieht diese Möglichkeit nur für den Arbeitnehmer vor. Das gilt auch bei tariflicher Unkündbarkeit. Das LAG Hamm sieht übrigens im Ausschluss des Antragsrechts des Arbeitgebers bei unwirksamer fristloser Kündigung infolge der besonderen Betroffenheit des Arbeitnehmers keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz.
Auflösungsantrag ist möglich
Ist die außerordentliche Kündigung unwirksam und kommt eine vorsorglich ausgesprochene ordentliche Kündigung zum Tragen oder beruft sich der Arbeitgeber auf eine Umdeutung, ist ein Auflösungsantrag wiederum statthaft.
2.2 Gründe für den Auflösungsantrag des Arbeitgebers
Der Arbeitgeber muss – bezogen auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung – Tatsachen vortragen, aus denen deutlich wird, warum für die Zukunft eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit nicht zu erwarten ist.
Die Auflösungsgründe können sich aus dem Kündigungssachverhalt oder dem Prozessverlauf ergeben. Der Auflösungsantrag muss im Prozess besonders begründet werden. Das BAG stellt an die Auflösungsgründe des Arbeitgebers strenge Anforderungen. Das KSchG sei ein "Bestandsschutz- und kein Abfindungsgesetz". Das Arbeitsgericht berücksichtigt nur solche Tatsachen, die der darlegungspflichtige Arbeitgeber vorträgt und auf die er seinen Auflösungsantrag ausdrücklich stützt. Das Arbeitsgericht sucht sich die Auflösungsgründe nicht aus den Kündigungsgründen zusammen. Ein Auflösungsantrag des Arbeitgebers, der lediglich auf nicht ...