Dipl.-Finanzwirt Karl-Heinz Günther
Leitsatz
Ein selbständiger Discjockey, der bei Hochzeiten, Geburtstagsfeiern sowie Firmenveranstaltungen überwiegend Musikstücke anderer Urheber zu Gehör bringt, denen er unter Verwendung von Plattenteller, Mischpult, CD-Player und Computer als "Instrumente" durch Vermischung und Bearbeitung sowie Hinzufügen von Tönen und Geräuschen einen neuen Charakter verliehen hat, vollbringt eine eigenschöpferische Leistung, die als künstlerische Tätigkeit zu beurteilen ist.
Sachverhalt
Im Streitfall ging es um die Frage, ob ein Discjockey freiberuflich oder gewerblich tätig ist. Er spielte Musik bei Hochzeiten, Geburtstagsfeiern, Firmenveranstaltungen sowie gelegentlich in Clubs. Die vom Steuerpflichtigen mit den jeweiligen Veranstaltern abgeschlossenen Verträge enthielten unter anderem die Klausel, dass er weder in der Programmgestaltung noch in der Darbietung Weisungen des Veranstalters oder Auftraggebers unterliege. Stil und Art der Darbietung würden jedoch im Vorfeld abgesprochen und eingehalten.
Das Finanzamt verneinte eine künstlerische und damit freiberufliche Tätigkeit, ging von einer gewerblichen Tätigkeit aus und erließ einen Gewerbesteuermessbescheid.
Entscheidung
Das FG entschied, dass eine künstlerische Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG auch in einer bloß reproduzierenden Betätigung liegen kann. Daher sind z. B. auch Musiker, die Tanz- und Unterhaltungsmusik darbieten, künstlerisch tätig, wenn die Darbietungen einen bestimmten Qualitätsstandard erreichen. Ob dies der Fall ist, richtet sich unter anderem nach den zutage getretenen Fähigkeiten der Musikschaffenden.
Im Streitfall erschöpft sich die Tätigkeit des Steuerpflichtigen nicht im Abspielen von Tonträgern und damit Hörbarmachen von Liedern anderer Interpreten. Er verwendet vielmehr Plattenteller, Mischpult, CD-Player und Computer als "Instrumente", um durch das Mischen und Bearbeiten von Musikstücken sowie Hinzufügen von Tönen und Geräuschen neue Musik darzubieten. Die Arbeit eines DJs hat sich in den letzten Jahren aufgrund der technischen Entwicklung verändert. Heute genügt es nicht mehr, passende Songs aneinanderzureihen und das Publikum durch eine gelungene Liederwahl, geschickte Übergänge und kreative Moderation zu unterhalten. Ein moderner DJ nutzt vielmehr Songs, Samples, zum Teil selbst hergestellte Beats und Effekte, um sie zu kombinieren und so ein neues Klangerlebnis zu erzeugen. Er bringt zwar - wie ein Instrumentenspieler - überwiegend Musikstücke anderer Urheber zu Gehör, verleiht ihnen aber durch Vermischung und Bearbeitung einen neuen Charakter. Er führt sie damit in dem ihm eigenen Stil auf und vollbringt eine eigenschöpferische Leistung mit der Folge, dass er Einkünfte aus § 18 EStG erzielt.
Hinweis
Der Streitfall macht deutlich, wie sich die steuerrechtliche Einschätzung im Laufe der Zeit ändern kann. Denn das Anforderungsprofil an einen Discjockey hat sich im Vergleich zu den 70er und 80er Jahren deutlich verändert, vom bloßen "Plattenaufleger" zum vielfältigen Unterhaltungskünstler mit künstlerischer Qualität und damit freiberuflichen Einkünften.
Link zur Entscheidung
FG Düsseldorf, Urteil v. 12.08.2021, 11 K 2430/18 G