Leitsatz
Zu den Anwartschaften auf eine eigene Altersversorgung i.S.d. § 10c Abs. 3 Nr. 2 EStG rechnen auch die von einem Arbeitnehmer vertraglich vereinbarten Ansprüche auf Hinterbliebenenversorgung.
Normenkette
§ 10c Abs. 3 Nr. 2 EStG in der bis zum 31.12.204 geltenden Fassung
Sachverhalt
Der Kläger war mit zwei weiteren Gesellschaftern an einer Steuerberatungs-GmbH beteiligt. Alle drei Gesellschafter waren zugleich als Geschäftsführer bestellt. Von der GmbH erhielt der Kläger, ebenso wie die anderen Gesellschafter-Geschäftsführer, von der GmbH eine Pensionszusage, die auch eine Hinterbliebenenversorgung beinhaltete.
Das FA berücksichtigte die Beiträge an das Versorgungswerk nur in beschränktem Umfang als abziehbare Sonderausgaben. Hierbei kürzte es den Vorwegabzug gem. § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG a.F.
Einspruchs- und Klageverfahren hatten keinen Erfolg. Das FG vertrat die Auffassung, dass die dem Kläger zugesagte Altersversorgung wegen der lediglich zu einem Drittel bestehenden Beteiligung am Stammkapital der GmbH im Ergebnis zumindest zu einem Teil von den beiden anderen Mitgesellschaftern aufgebracht werde (FG Düsseldorf, Urteil vom 17.03.2005, 11 K 6920/02 E, Haufe-Index 1362104, EFG 2005, 943).
Entscheidung
Der BFH hob das Urteil auf. Das FG muss unter Berücksichtigung der vorstehend dargestellten Grundsätze prüfen, ob sich der Aufwand der GmbH für die Ansprüche des Klägers auf betriebliche Altersversorgung im Vergleich zum Gesamtaufwand für die betriebliche Altersvorsorge im Rahmen seiner Beteiligungsquote an der GmbH hält.
Hinweis
Die Rechtsprechung hat sich in den letzten Jahren verstärkt mit der Frage beschäftigt, in welchen Konstellationen bei der steuerlichen Berücksichtigung der Vorsorgeaufwendungen von Gesellschafter-Geschäftsführern die Vorsorgepauschale bzw. der Vorwegabzug zu kürzen ist.
Durch das Alterseinkünftegesetz hat sich zwar seit 2005 die Rechtslage grundlegend geändert; durch die bis Ende 2014 bestehende Günstigerprüfung des § 10 Abs. 4a EStG sind diese Fragen jedoch weiterhin aktuell.
Der Vorwegabzug war mit der Zielsetzung eingeführt worden, den Steuerpflichtigen, die im Gegensatz zu Arbeitnehmern, deren Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung steuerfrei bleibt, ihre Beiträge zur Altersversorgung in voller Höhe selbst aufbringen müssen, hierfür einen Ausgleich zu bieten.
Bei Gesellschafter-Geschäftsführern kommt es damit darauf an, ob sie aufgrund vertraglicher Vereinbarungen mit ihrer Gesellschaft Anwartschaftsrechte auf eine Altersversorgung ganz oder teilweise ohne eigene Beitragsleistungen erworben haben.
Dabei hat die Rechtsprechung folgende Grundsätze herausgearbeitet:
1. Unter dem Begriff der "Beitragsleistung" für den Erwerb von Anwartschaftsrechten auf eine Altersversorgung ist nicht nur eine Geldzahlung, sondern jede Minderung eines Vermögensanspruchs gegen eine Versorgungszusage zu verstehen.
2. Dem Alleingesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH ist der Vorwegabzug für Vorsorgeaufwendungen ungekürzt zu belassen, weil dieser – wirtschaftlich betrachtet – eine ihm von der GmbH zugesagte Altersversorgung durch Verzicht auf entsprechende gesellschaftsrechtliche Ansprüche und damit letztlich ausschließlich durch eigene Beitragsleistungen erwirbt.
3. Gleiches gilt, wenn eine GmbH mehreren Gesellschafter-Geschäftsführern eine Altersversorgung zugesagt hat und der einzelne Gesellschafter-Geschäftsführer bei typisierender und wirtschaftlicher Betrachtung sein Anwartschaftsrecht auf Altersversorgung – auf Dauer gesehen – ausschließlich durch einen seiner Beteiligungsquote entsprechenden Verzicht auf gesellschaftsrechtliche Ansprüche erwirbt.
4. Zu den Anwartschaftsrechten auf eine eigene Altersversorgung i.S.d. § 10c Abs. 3 Nr. 2 EStG a.F. gehören auch vertraglich vereinbarte Ansprüche auf Hinterbliebenenversorgung (entgegen dem BMF-Schreiben vom 22.05.2007, BStBl I 2007, 493), da zur eigenen Altersversorgung traditionell auch die Hinterbliebenenversorgung zählt. Dies gilt sowohl für den Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung als auch für die betriebliche Altersversorgung.
5. Die Frage nach der vollständig eigenen Beitragsleistung in diesen Fällen beantwortet sich maßgeblich nach den im streitigen VZ bestehenden Beteiligungsverhältnissen und danach, ob unter Berücksichtigung des Gesamtaufwands der Gesellschaft für die Versorgungsanwartschaften ihrer Gesellschafter der Aufwand der GmbH für die Altersversorgung des Klägers dessen quotaler Beteiligung an der GmbH entspricht oder sie unterschreitet.
6. Es kommt bei Ermittlung des Aufwands für die Altersversorgung nicht darauf an, wie die Gesellschaft den Aufwand für die Altersversorgung ihrer Gesellschafter-Geschäftsführer ertragswirksam in der in ihrer Bilanz gebildeten Pensionsrückstellung ausgewiesen hat. Entscheidend ist vielmehr, in welchem Umfang bei vorausschauender Betrachtung unter Berücksichtigung der Höhe der jeweils zugesagten Altersversorgung (einschließlich Hinterbliebenenversorgung) und des Alters der Gesellschafter...