FinMin Berlin, Erlaß v. 4.5.2015, III D - G 1163 - 1/2014 - 1

Nach § 32 Abs. 1 Nr. 1 GrStG ist die Grundsteuer auf Antrag für Grundbesitz zu erlassen, wenn für dessen Erhaltung wegen der Bedeutung für Kunst, Geschichte, Wissenschaft oder Naturschutz ein öffentliches Interesse besteht (Kulturgut) und wenn der Rohertrag in der Regel unter den jährlichen Kosten liegt (§ 32 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 34 GrStG).

Ergänzend zu den Regelungen in A 35, 41, 43 GrStR bitte ich folgende Hinweise zu beachten:

 

1. Kulturgut

 

1.1 Nachweis des öffentlichen Interesses

Für Berlin ist die Erhaltung von Grundbesitz wegen seiner Bedeutung für Kunst, Geschichte, Wissenschaft im Denkmalschutzgesetz Berlin (DSchG Bln), die Erhaltung von Grundbesitz wegen seiner Bedeutung für Naturschutz im Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) und im Berliner Naturschutzgesetz (NatSchG Bln) geregelt. Zuständig ist jeweils die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt.

Gemäß A 35 Abs. 1 Satz 2 GrStR soll der Antragsteller eine Bestätigung der zuständigen Landesbehörde (Landesdenkmalamt) vorlegen, wenn im Einzelfall zweifelhaft ist, ob die Erhaltung des Grundbesitzes als Kulturgut im öffentlichen Interesse i.S. von § 32 Abs. 1 Nr. 1 GrStG liegt.

 

1.2 Denkmalschutz

 

1.2.1 Geltung des Denkmalschutzgesetzes in Berlin

Alle in der Denkmalliste eingetragenen Denkmale im Land Berlin unterliegen dem Geltungsbereich des DSchG Bln vom 24.4.1995 (GVBl. 1995 S. 274). Die Denkmaleigenschaft tritt von Gesetzes wegen ein, sofern die Erhaltung eines Denkmals wegen der geschichtlichen, künstlerischen, wissenschaftlichen oder städtebaulichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liegt (§ 2 Abs. 2 DSchG Bln).

 

1.2.2 Bindungswirkung der Eintragung als Denkmal für die Grundsteuer

Die förmliche Ausweisung von Grundbesitz als Denkmal (Baudenkmale, Denkmalbereiche, Gartendenkmale, Bodendenkmale) nach § 2 i.V.m. § 4 DSchG Bln ist dem Grunde und dem Umfang nach für die Grundsteuer zu übernehmen. Im Regelfall genügt die Vorlage eines entsprechenden Auszugs aus der Denkmalliste oder der Denkmaldatenbank des Landesdenkmalamtes Berlin. Eine gesonderte Bestätigung ist nur in Zweifelsfällen vorzulegen (Hinweis auf Tz. 1.1 sowie Tz. 1.2.3b).

 

1.2.3 Begriff des Kulturguts bei baulichen Anlagen oder fehlender Denkmaleigenschaft

Auch Grundbesitz, der nicht förmlich als Baudenkmal i.S. von § 2 Abs. 2 i.V.m. § 4 DSchG Bln eingetragen oder nur Teil eines aus mehreren Anlagen bestehenden Baudenkmals ist, kann Kulturgut sein. Der Gesetzgeber hat den Tatbestand des Kulturguts in § 32 Abs. 1 Nr. 1 GrStG selbstständig und unabhängig von landesrechtlichen Vorschriften des Denkmalschutzes festgelegt.

Nach dem Urteil des BVerwG vom 21.9.1984 (BStBl 1984 II S. 870) ist ein öffentliches Interesse i.S. von § 32 Abs. 1 Nr. 1 GrStG jedoch nur dann gegeben, wenn für den Grundbesitz besondere rechtliche Bindungen zugunsten der dort bezeichneten Zwecke bestehen. Die rechtlichen Bindungen müssen in ihrer nutzungsbeschränkenden Wirkung die Grenze dessen überschreiten, was namentlich das Baurecht von Grundstückseigentümern an Rücksichtnahme auf Gemeininteressen ohnehin verlangt. Besondere rechtliche Bindungen in diesem Sinne können sich neben dem „echten” denkmalschutzrechtlichen Erhaltungsgebot für Baudenkmale aus engen denkmalschutzrechtlichen Gestaltungsgeboten ergeben.

Diese Frage wird insbesondere dann eine Rolle spielen, wenn der Grundbesitz nur als Teil einer größeren Einheit (Denkmalbereich/Mehrheit baulicher Anlagen) dem Denkmalschutz i.S. von § 2 Abs. 3 DSchG Bln unterliegt.

Zu unterscheiden ist in Fällen von Denkmalbereichen zwischen Gesamtanlagen und Ensembles:

  1. Bei einem Baudenkmal, das aus mehreren selbstständigen Objekten besteht (Gesamtanlage), erstrecken sich die Wirkungen des Denkmalschutzes, insbesondere die Erhaltungsverpflichtung, grundsätzlich auf alle zugehörigen Einzelobjekte, unabhängig davon, ob die einzelnen baulichen Anlagen für sich gesehen eigenständigen Denkmalwert haben oder ob sich der Denkmalwert erst aus der Zugehörigkeit zu der Gesamtheit der baulichen Anlagen ergibt.
  2. Unter Denkmalschutz stehende Ensembles können auch Gebäude enthalten, die nur im Einzelfall den Vorschriften des DSchG Bln unterliegen und dann auch nur in Teilen (z.B. nur das äußere Erscheinungsbild). Da für diese Gebäude ggf. aber nur eine Gestaltungspflicht, jedoch keine Erhaltungspflicht, bestehen kann, ist in entsprechenden Fällen eine Bestätigung des Landesdenkmalamtes vorzulegen, welche Kosten tatsächlich auf die Denkmaleigenschaft zurückzuführen sind, um den Kausalzusammenhang (s. Tz. 2) nachzuweisen.

Bindungen durch eine Lage in bestimmten Baubereichen, in denen die Gestaltung baulicher Anlagen zur Erhaltung der Eigenart eines Gebiets geregelt ist, entsprechen zumeist nicht den Anforderungen des BVerwG im Urteil vom 21.9.1984, wenn die Erhaltung der einzelnen im Geltungsbereich belegenen baulichen Anlagen hier nicht dem unmittelbaren Regelungszweck dient.

 

1.3 Naturschutz

Die Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 Nr. 1 ...

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