1. Unterschiede bei der Entnahmebeschränkung
Die Beschränkung der Entnahmen bzw. Ausschüttungen greift nicht für die auf der Gesellschaft entfallenden Steuern vom Einkommen. Daher ist es aus Vereinfachungsgründen möglich, die auf den Gewinnanteil entfallenden Steuern pauschal mit 30 % anzusetzen. Der Nachweis einer höheren Steuer bleibt weiterhin möglich (R E 13a.20 Abs. 3 Satz 3 ErbStR). Die auf mögliche Ergänzungs- und Sonderbilanzen entfallende Steuer bleibt im Gegensatz zur Begleichung einer möglichen Erbschaft- oder Schenkungsteuer unberücksichtigt und gilt dabei als nicht schädlich (R E 13a.20 Abs. 3 Satz 6–7 ErbStR).
Beraterhinweis Als problematisch kann sich die Tatsache herausstellen, dass die Prüfung der höhenmäßigen Beschränkung an den Gewinn des jeweiligen Wirtschaftsjahres der Entnahme bzw. Ausschüttung gebunden ist. Da jedoch bei Personengesellschaftern regelmäßig die Höhe der persönlichen Einkommensteuer erst deutlich später feststeht, könnte dies in der Praxis zum Problem werden. Daher könnte es mitunter ratsam sein die Entnahmegrenzen nicht frühzeitig voll auszuschöpfen. Zwischen den Gesellschaftern einer Personengesellschaft können dabei erhebliche Differenzen bzgl. ihrer Entnahmebeschränkungen vorliegen, da ein Hochsteuergesellschafter deutlich mehr entnehmen kann als ein Niedrigsteuergesellschafter.
Bei Kapitalgesellschaften richtet sich der Unterschied nach der persönlichen Versteuerung der Erträge i.S.d. Teileinkünfteverfahrens oder der klassischen Abgeltungsteuer (Esskandari in Stenger/Loose, BewG/ErbStG, 156. EL 9/2021, § 13a ErbStG Rz. 274).
2. Verfügungsbeschränkung mit Auswirkung auf das Unternehmertum
Die eng auszulegende Verfügungsbeschränkung (s. oben II. 2.) hat deutliche Auswirkungen auf die Nachfolgeplanung von Unternehmern, da durch den § 13a Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 ErbStG nur bestimmte Personen für die Nachfolge in Betracht gezogen werden können. Dies stellt sich v.a. bei alteingesessenen und bereits über mehrere Generationen verteilte Unternehmen als schwierig heraus. So berechtigt der § 13a Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 ErbStG i.V.m. § 15 AO keine Übertragung auf Cousinen und Cousins. Zusätzlich wird, wie bereits angesprochen, eine Einbringung der Anteile in eine Beteiligungsgesellschaft, die ausschließlich Beteiligte i.S.d. § 15 AO hat, nicht begünstigt.
3. Realitätsferne Abfindungsbeschränkung
Die prozentuale Minderung der Abfindung zum gemeinen Wert stellt die Höhe des Vorwegabschlags, jedoch max. 30 %, dar. Für einen höchstmöglichen Abschlag müsste demnach die Abfindung auf 70 % des gemeinen Werts festgeschrieben sein. Eine solche Regelung dürfte jedoch in der Praxis regelmäßig schwer durchzusetzen sein. In vielen Familienunternehmen dürften Abfindungen unterhalb des gemeinen Werts zwar durchaus gesellschaftsvertraglich geregelt sein, jedoch weniger auf konkret 70 % des gemeinen Werts. Für eine Anwendung des Vorwegabschlags sollten demnach eindeutige Verhältnisse im Gesellschaftsvertrag oder der Satzung herrschen, um nachträgliche Differenzierungen zu vermeiden. Denn wenn innerhalb der Satzung bzw. des Gesellschaftsvertrags unterschiedliche Abfindungshöhen (z.B. differenziert nach dem Grund des Ausscheidens) vereinbart werden, ist die höchste vereinbarte Abfindung für die Zwecke des Vorwegabschlags maßgebend (R E 13a.20 Abs. 5 Satz 4 ErbStR). Insgesamt kommt es hierbei weniger auf steuerrechtliche Gesichtspunkte an, sondern vielmehr auf persönliche und wirtschaftliche Beweggründe der jeweiligen Unternehmer.
4. Zeitliche Voraussetzungen
Alleine die Tatsache, dass die genannten Beschränkungen insgesamt zwei Jahre vor und zwanzig Jahre nach Entstehung der Steuer vorliegen müssen, dürfte viele Unternehmer und Steuerberater von der Anwendung abhalten oder abschrecken. Wirklich planbar ist der Vorwegabschlag dabei nur i.R.d. vorweggenommenen Erbfolge und nicht von Todes wegen, da die Beschränkungen in der Praxis regelmäßig nicht automatisch vorliegen dürften. Vielmehr dürften die Beschränkungen nur zum Zwecke der Anwendung des § 13a Abs. 9 ErbStG in den Gesellschaftsvertrag bzw. die Satzung aufgenommen werden.
Weiterhin sind, insb. der zwanzigjährige Zeitabschnitt nach Entstehung der Steuer in der Praxis umstritten, so dass ein realitätsgerechterer Zeitabschnitt gefordert wird (so z.B. die Familienunternehmer in ihrer Stellungnahme zu dem ErbStR-E 2019, abrufbar unter https://www.familienunternehmer.eu/fileadmin/familienunternehmer/positionen/steuerpolitik/dateien/familienunternehmer_stellungnahme_erbStR_E_2019.pdf [Abrufdatum: 3.12.2021]). Der Erwerber sollte sich in jedem Fall bewusst sein, dass es durch die Anwendung des Vorwegabschlags und die damit zusammenhängenden zwanzigjährigen Beschränkungen zu Einschnitten in der wirtschaftlichen und persönlichen Unternehmensführung kommen kann.