Entscheidungsstichwort (Thema)
Bezug einer Fachzeitschrift trotz unbeschränkten Internetzugangs des Betriebsrats
Leitsatz (amtlich)
Auch wenn allen Betriebsratsmitgliedern vom Arbeitgeber ein Internetzugang ohne Zeit- und Datenmengenbeschränkung eingeräumt wird, kann für den Betriebsrat daneben der Bezug einer Fachzeitschrift erforderlich sein.
Normenkette
BetrVG § 40 Abs. 2; ZPO § 524 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 27.02.2013; Aktenzeichen 19 BV 189/12) |
Tenor
1.
Die Beschwerde des Beteiligten Ziffer 2 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 27.02.2013 (19 BV 189/12) wird zurückgewiesen.
2.
Die Anschlussbeschwerde des Beteiligten Ziffer 1 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 27.02.2013 (19 BV 189/12) wird ebenfalls zurückgewiesen.
3.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
A:
Die Beteiligten streiten sich darüber, ob die Beteiligte Ziffer 2 verpflichtet ist, dem Beteiligten Ziffer 1 neben dem freien Zugang zum Internet auch noch die Zeitschriften "Arbeitsrecht im Betrieb" (AiB) und "Arbeit und Recht" (AuR) aus dem BUND-Verlag als Informationsmittel für seine Tätigkeit zur Verfügung zu stellen.
Die Beteiligte Ziffer 2 ist ein Unternehmen des I-Konzerns. Sie beschäftigte bislang ca. 1.000 Arbeitnehmer in mehreren Betrieben an mehreren Standorten. Im Betrieb H beschäftigte sie ca. 235 Arbeitnehmer. Mit Wirkung zum 01.07.2013 wurde die Beteiligte Ziffer 2 komplett umstrukturiert. Mehrere Unternehmensbereiche wurden ausgegliedert und auf andere Unternehmen des I-Konzerns übertragen. Inzwischen beschäftigt die Beteiligte Ziffer 2 insgesamt nur noch ca. 130 Arbeitnehmer, davon 90 am Standort H. Die verbliebenen Standorte bilden nun nur noch einen Betrieb.
Der Beteiligte Ziffer 1 ist der für den Betrieb H gebildete neunköpfige Betriebsrat, der derzeit noch im Rahmen des Übergangsmandats gemäß § 21a BetrVG tätig ist. Die Neuwahl des Betriebsrats findet am 06.11.2013 statt.
Der Beteiligte Ziffer 1 fasste am 30.03.2012 den Beschluss, dass die Fachzeitschriften AiB und AuR bezogen werden sollen als Informationsmittel durch Jahresabonnements. Dies teilte er der Beteiligten Ziffer 2 mit E-Mail vom 30.03.2012 mit. Die Beteiligte Ziffer 2 lehnte es ab, dem Beteiligten Ziffer 1 diese Informationsmittel zur Verfügung zu stellen und die Kosten für ein solches Abonnement zu übernehmen.
Das Jahresabonnement für die AiB würde 135,60 € und das Jahresabonnement für die AuR würde 148,80 € kosten.
Die Beteiligte Ziffer 2 stellt dem Beteiligten Ziffer 1 folgende Literatur zur Verfügung:
- Arbeitsgesetze, Sammlung Beck-Texte im dtv
- Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger: Betriebsverfassungsgesetz mit Wahlordnung - Handkommentar, 25. Aufl. 2010
- Däubler/Kittner/Klebe/Wedde: Betriebsverfassungsgesetz - Kommentar für die Praxis mit Wahlordnung und EBR-Gesetz, 12. Aufl. 2010
- Schoof: Betriebsratspraxis von A-Z. Das Handwörterbuch für die betriebliche Interessenvertretung mit Arbeitshilfen auf CD-ROM, 9. Aufl. 2010
- Arbeitszeitgesetz - Basiskommentar mit Nebengesetzen und Ladenschluss, Bund-Verlag
- BetrVG digital 7.0 - Kommentar für die Praxis, BUND-Verlag
- CD-ROM "Praxisgerechte Lösungen - Hilfen für betriebsspezifische Gefährdungsbeurteilungen", Version 3.3.1 (2010)
- Debitz/Gruber/Richter/Widmann: Psychische Faktoren in der Gefährdungsbeurteilung, 6. Aufl. 2012
Außerdem hat jedes Betriebsratsmitglied einen Internetzugang ohne Zeit- und Datenmengenbeschränkung.
Der Beteiligte Ziffer 1 ging davon aus, dass die beiden Zeitschriften für seine Tätigkeit erforderlich seien. Er müsse sich - entgegen der Auffassung der Beteiligten Ziffer 2 - nicht auf die Informationsmöglichkeiten im Internet verweisen lassen. Dieses bietet zwar eine Flut an Informationen, die es allerdings erschwere, in angemessener Zeit eine Antwort auf die recherchierten Fragen zu finden. Zudem seien die Betriebsratsmitglieder als Nichtjuristen nicht in der Lage, die Qualität und Relevanz der im Internet zur Verfügung gestellten Informationen zu beurteilen. Regelmäßig stattfindende Schulungs- und Bildungsveranstaltungen könnten darüber hinaus die Aufgabe, ihn mit dem notwendigen Wissen auszustatten, nicht allein erfüllen. Neben dem Bezug der Zeitschrift AiB sei auch der Bezug der Zeitschrift AuR erforderlich, da es sich bei dem Unternehmen der Beteiligten Ziffer 2 um ein solches mit europäischem Bezug handele und der Betriebsrat sich daher auch mit europarechtlichen Fragenstellungen konfrontiert sehe. Aus diesem Grund benötige er neben der Zeitschrift AiB auch die Zeitschrift AuR, die über den aktuellen Stand relevanter juristischer Auseinandersetzungen im Arbeitsrecht, im Verfassungs- und Europarecht sowie über Fragen der Gleichberechtigung im Arbeitsleben informiere.
Der Beteiligte Ziffer 1 beantragte:
1.
Der Antragsgegner wird verpflichtet, dem Antragsteller die Zeitschrift "Arbeitsrecht im Betrieb" aus dem BUND Verlag als Abonnement zur Verfügung zu stellen.
2.
Der Antragsgegner wird verpflichtet, dem Antragsteller die Zeitschrif...